Alexander Weinlein bespricht Jan von Flockens Machwerk(e) in Das Parlament Nr. 6 / 5.2.2007

Aus InRuR

Alexander Weinlein
Auf dem Hügel
Schlachtenlenker Militärhistoriker wandern nicht selten auf einem schmalen Grat. Manche glänzen, andere stürzen ab.

Heldenmythen Die kritische Distanz, durch die sich die Autoren von "Kriegsherren" auszeichnen,
ist einem anderen Buchautoren leider völlig abhanden gekommen.
Jan von Flocken beweist mit seinem jüngst erschienenen "Kriegerleben", wie Militärhistorie in keinem Fall geschrieben werden darf.
Seine zehn Poträts "großer Feldherren von Caesar bis Patton" ähneln eher an die Heldenverehrung vergangener Tage.
Schon Kapitelüberschriften wie "Juan d'Austria - Triumphator des Mittelmeeres" oder "George S. Patton - Kriegsgott im Panzer"
nähren einen ersten Verdacht, dass sich der Autor all zu sehr vom Schlachtenlärm hat betören lassen.
Die Lektüre bestätigt diesen Verdacht.
Beispiel Patton: Der US-General gehörte ganz ohne Zweifel zu den schillerndsten und fähigsten Truppenführern des Zweiten Weltkrieges.
Zu seinen militärischen Fähigkeiten gesellten sich jedoch Charaktereigenschaften und politische Einstellungen,
die ihn immer wieder in arge Schwierigkeiten bringen sollten.
Patton war ein notorischer Choleriker und obendrein bekennender Rassist und Antisemit.
Jan von Flocken macht aus dem Charakter des Militärs auch keinen Hehl.
Sprachlos machen jedoch seine Bewertungen.
So empört er sich "lautstark" über die Berichterstattung amerikanischer Medien als diese erfahren,
dass Patton gegen zwei Soldaten unter übelsten Beschimpfungen handgreiflich wird, dem einen gar mit vorgehaltener Waffe droht,
ihn auf der Stelle zu erschießen.
Die beiden Soldaten hatten sich - körperlich unverletzt aber nervlich offensichtlich am Ende ihrer Kräfte -
in ein Lazarett geflüchtet.
Memmen in Uniform Das Pressecho fällt verheerend aus.
Der eben noch gefeierte Held fällt in Ungnade und wird in Karikaturen als Nazi dargestellt.
Von Flocken kommentiert dies so: "Diese hysterische Reaktion zeigt die ganze Bigotterie der veröffentlichten US-Meinung.
Während ein paar Ohrfeigen gegen Memmen in Uniform zur strafbaren Handlung aufgepustet wurden,
blieben tatsächliche Kriegsverbrechen der US-Army ungestraft."
An dieser Stelle darf dann schon einmal die Frage gestellt werden, auf welchen soldatischen Heldenmut der 1954 geborene Buchautor
verweisen kann, dass er glaubt, Weltkriegsteilnehmer - wohl ganz im Sinne Pattons - als "Memmen in Uniform" diffamieren zu müssen.
Überhaupt lässt der studierte Historiker von Flocken immer wieder durchblicken - etwa im Kapitel über Reinhard Scheer
und die deutsche Flotte in der Endphase des Ersten Weltkriegs - wo seine Sympathien liegen,
wenn Soldaten im Krieg nicht länger bereit sind, ihren Führern zu folgen.
Eigentlich hatte Jan von Flocken zeigen wollen, welche Eigenschaften einen Menschen zum erfolgreichen Militär machen können -
selbst dann, wenn dies nicht unbedingt zu erwarten war.
"Viele sind berufen, aber nur wenige auserwählt", charakterisiert er "das Dilemma im Dasein großer Feldherren".
Bewiesen hat er, dass dies für Autoren militärgeschichtlicher Bücher offensichtlich auch gilt.
http://web.archive.org/web/20070629062017/http://bundestag.de/dasparlament/2007/06/PolitischesBuch/13775675.html