August 2000 Nazitreffen im Ammerland
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Nazitreffen im Ammerland
Ende Oktober 1999 trafen sich ca. 30 bis 40 Neonazis in einer Gaststätte in Jeddeloh, Landkreis Ammerland. Dort angemeldet hatten sie sich unter dem Namen Gesangsverein Bloherfelde.
Die Antifa Ammerland hatte bereits im Vorfeld Kenntnis davon erhalten, konnte aus recherchetechnischen Gründen dieses Treffen aber erst jetzt öffentlich machen.
Als Hauptredner der Veranstaltung trat Peter Naumann auf, Gründer und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Nationaler Verbände / Völkischer Bund (ANV / VB) mit Sitz in Wiesbaden.
Er hatte zur zeit der Gründung des ANV / VB die Position des stellvertretenden Kreisvorsitzenden der NPD Wiesbaden inne und war später stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Nationaldemokraten (JN).
Er galt/gilt in der rechten Szene als Sprengmeister der Nazis.
Bereits 1974 fiel Peter Naumann den Ermittlungsbehörden mit einem selbst gebastelten Sprengkörper auf, bei dessen Entschärfung ein Feuerwerker ums Leben kam.
Damals war er Mitglied der Bundesleitung der Jungen Nationaldemokraten (JN) und setzte sich vehement für die Freilassung des Kriegsverbrechers Rudolf Hess ein.
1982 verabredete sich Peter Naumann mit den beiden Nazis Walter Kexel und Ottfried Hepp, beide gehörten zur Terrorszene um die Volkssozialistische Bewegung Deutschlands (VSBD).
Ihr gemeinsames Ziel war die Sprengung des Spandauer Knastes und die Befreiung von Rudolf Hess.
Da man sich zerstritt, wurde aus dem Vorhaben nichts.
Als Ottfried Hepp 1987 verhaftet wurde, belastete er Naumann schwer.
Durch seine Aussagen konnten Taten geahndet werden, die Jahre zurücklagen.
So ein Sprengstoffanschlag am 30. August 1978 auf das Denkmal an der Fosse Ardeatine in Rom.
Dieses Mahnmal erinnert an die Erschiessung von 335 zivilen italienischen Geiseln durch die SS.
Ferner konnten die Ermittlungsbehörden Sprengstoffanschläge auf Sendeeinrichtungen des Fernsehens aufklären.
Ziel dieser Anschläge war die Verhinderung der Ausstrahlung der Fernsehsendung „Holocaust", die 1978 vierteilig gesendet wurde.
Tatsächlich konnten mehrere Hunderttausend Zuschauer zeitweilig kein Bild empfangen.
Am 14. Oktober 1987 wurde Peter Naumann zu viereinhalb Jahren Freiheitsentzug verurteilt.
Ihm wurden folgende Taten zur Last gelegt:
- Herbeiführung eines Sprengstoffanschlages am 30. August 1978 auf eine antifaschistische Gedenkstätte in Rom.
- Verabredung zu Sprengstoffanschlägen auf eine Sendeeinrichtung des öffentlichen Fernsehen Ende 1978 zur Verhinderung der Ausstrahlung der Sendung „Holocaust".
- Gründung einer terroristischen Vereinigung im Jahre 1982.
- Verstoss gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz.
Peter Naumann wurde am 14. Dezember 1989 vorzeitig aus der Haft entlassen. Unverzüglich nahm er die Arbeit in der Arbeitsgemeinschaft Nationaler Verbände / Völkischer Bund wieder auf. Im August 1995 überraschte Peter Naumann die Öffentlichkeit und auch die staatlichen Ermittlungsbehörden mit der Bekanntgabe zahlreicher Waffenlagerdepots. Er erklärte: „Nachdem ich in den letzten Wochen bei verschiedenen Vorgesprächen mit langjährigen Freunden meine Beurteilung vorgetragen (...) habe, gebe ich hiermit bekannt, dass ich mich entschlossen habe, meine seit etwa 17 Jahren in 10 Erddepots gelagerten Sprengmittel und Waffen den deutschen Behörden zu übergeben." Kurz vor dieser Bekanntgabe, am 2. März 1995, durchsuchten Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) und des Bundeskriminalamtes (BKA) den Frielendorfer Hauptwohnsitz von Peter Naumann. Der seinerzeitige Durchsuchungsgrund bezog sich auf die „Verbreitung von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen". Naumann selbst war mehrfach mit dem Chefdenker der österreichischen Briefbombenserie Franz Radl gesehen worden. Naumann war Leiter verschiedener Sprengkurse in Österreich (u.a. im KZ-Stollen Melk) und in Deutschland im brandenburgischen Königs Wusterhausen. Er wurde von Bendix Wendt, der die Sprengkurse bestätigte, schwer belastet. Letzterer bejahte auch die Teilnahme von Peter Binder an diesen Kursen. Binder war von Beruf aus Elektroniker und Hauptverdächtiger in der österreichischen Briefbombenaffäre um Franz Radl. Auf Nachfrage zu Ermittlungen in Österreich hielten sich LKA und BKA jedoch bedeckt.
Es stellt sich die Frage, warum Peter Naumann ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da die NS-Szene unter dem Motto „Eine Bewegung in Waffen"agiert, diese Waffen- und Sprengstoffdepots verrät? Zur „Deeskalation der Szene" wolle er beitragen, begründete Naumann diese Aktion, bei der 27 Kilogramm Sprengstoff, Handgranaten, Munition, mehrere Schusswaffen sowie ein Maschinengewehr der Marke „Kalaschnikow" gefunden wurden. Tatsächlich scheint hinter der Preisgabe der Waffenlager mehr zu stecken, als die von Naumann gemachten Aussagen. Die Veröffentlichung darf nicht als Tat eines Einzelnen bewertet werden; sondern es scheint sich um eine, in der NS-Bewegung abgesprochene Aktion, zu handeln. Bei der Preisgabe der braunen Waffenlager war neben Naumann das einstige Mitglied der Wiking-Jugend, Frank Rennicke, und auch der einstige Chef der Neuen Front, Meinolf Schönborn, zugegen. Dies legt den Schluss nahe, mit dieser Präsentation von eigentlichen Terrorstrukturen der rechten Szene abzulenken. Erhärtet wird dieser Verdacht durch die Tatsache, dass Peter Naumann keinesfalls als Verräter behandelt wird. Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Jungen Nationaldemokraten am 13. März 1999 in Eggenfelden, Niederbayern, hob er die Bedeutung der JN insbesondere in der Zeit nach der verlorenen Bundestagswahl 1969 hervor, in der die JN der Lethargie der Nationaldemokratischen Partei (NPD) außerparlamentarischen Druck und politischen Aktionismus entgegengesetzt habe. Die Veranstaltung in Eggenfeld stand unter dem Motto: „30 Jahre Kampf _ Aktion _ Widerstand". Auch wenn der Verfassungsschutz- bericht 1999 des Bundesinnenministeriums Peter Naumann als `ehemaligen' Rechtsterroristen bezeichnet, ist die Nähe von Peter Naumann zu neonazistischen Gruppierungen unverkennbar. Beleg dafür ist auch sein Auftritt bei einer Veranstaltung der Kameradschaft Karlsruhe. Sie organisierte am 20. März 1999 ein Treffen unter dem Motto „Von Terrorist zu Terrorist". Anwesend war neben Peter Naumann auch das ehemalige Mitglied der Roten Armee Fraktion (RAF) Horst Mahler. Die Kameradschaft Karlsruhe hat sich auf Grund ihrer vielfältigen Aktivitäten zu einer treibenden Kraft der neonazistischen Szene in Baden-Württemberg entwickelt.
Besorgnis erregend ist laut des niedersächsischen Verfassungsschutzbericht 1999 die Zunahme der gewaltbereiten Rechtsextremisten. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz äussert sich in der Nordwest-Zeitung vom 17. Juli wie folgt dazu: „Zunehmend werden im rechtsextremen Spektrum Waffen nicht nur bei Einzelnen; sondern auch bei Organisationen gefunden. Das bedeutet eine erhöhte Gefahr". Bei der Rekrutierung und Mobilisierung scheint die Person Peter Naumann noch immer große Anziehungskraft zu besitzen. Er gilt, wie auch sein Auftritt in Jeddeloh I beweist, immer noch als Integrationsfigur nazistischer Organisationen. Peter Naumann kann sich gestern wie heute auf die Unterstützung aus Kreisen der NPD verlassen.