Gewendeter Ex-Neonazi

Aus InRuR

Gewendeter Ex-Neonazi Von Andrea Röpke
28.05.2015

Ein ehemaliger ranghoher Funktionär der Worch-Partei „Die Rechte“ verkündet medienwirksam seinen Ausstieg – in seiner Erklärung fehlen allerdings konkrete Fakten über Szene-interne Begebenheiten.

„Mein Name ist Michael Berner (42), ich komme aus Braunschweig, und ich war 24 Jahre aktives Mitglied in der Neonaziszene...“, mit diesen Worten beginnt die Erklärung des ehemaligen Bundesvorstandsmitglieds und Kreisvorsitzenden von „Die Rechte“ zu seinem Ausstieg. Der zweifache Vater erklärte medienwirksam in seiner Mitteilung, er wolle nun „frei denken“ und wieder selbst entscheiden.

Mit diesem Paukenschlag verließ einer der ranghöchsten Funktionäre, die als militant geltende Worch-Partei. Bei Facebook hat Berner seinen Freundeskreis bereits gesäubert, nun gehören zu seinen Bekannte welche, die „Keinen Bock auf Nazis“ haben. Das ging schnell. Vor wenigen Monaten nahm der Braunschweiger Neonazi noch am Aufmarsch in Dortmund teil. Im März demonstrierte er mit den Kameradschaften „gegen die Überfremdung des deutschen Volkes“ und auch bei „Bragida“-Spaziergängen in der zweitgrößten niedersächsischen Stadt ließ der Mann mit der Schiebermütze sich blicken. Heute gab er gegenüber dem Internetportal „Braunschweig heute“ an, die „Bragida“-Organisatorin rede „Humbug“, wenn sie den Kontakt zur Szene leugne, denn sie würde ausschließlich mit Rechtsextremisten zusammenarbeiten. Das belegen bereits zahlreiche Recherchen. Berner ergänzt nicht mit Details. In seiner langen, am Donnerstag veröffentlichten Ausstiegserklärung bleibt Michael Berner konkrete Fakten schuldig. Er geht hart mit sich ins Gericht, zeigt aber keine Anzeichen, die Öffentlichkeit mit konkreten Angaben warnen zu wollen.

Vor allem private Gründe, wie die Trennung von seiner immer noch aktiven Frau könnten ausschlaggebend für den Schritt gewesen sein. Berner geriet während seiner Zeit bei der Bundeswehr in die rechte Szene, dort habe er Menschen kennengelernt, „die in so eine Richtung gedacht hätten“ wie er. 24 Jahre blieb er der Ideologie treu. Den mutigsten Satz formuliert der 42-Jährige so: Er sei nicht, wie es innerhalb der „Bewegung“ immer dargestellt würde, als Rechtsextremist ein Opfer gewesen, sondern er stellt klar: „ich bin Täter“. „Menschen Hoffnung genommen und Angst gegeben“

Doch nicht mal an dieser Stelle geht Michael Berner in seiner mehrseitigen Erklärung ins Detail. Er spricht von einer vorherrschenden „emotionslosen Gnadenlosigkeit“ und gesteht, dass Standpunkte „weitestgehend durch Einschüchterung, durch das Schüren von Ängsten und das offensive Planen von Straftaten, gezielte Angriffe gegen politische Gegner u.v.m“ vertreten wurden. Das einzige Argument dieser selbsternannten Opposition sei „Hass“. Das alles ist längst bekannt, nicht zuletzt durch die vielen Attacken seiner Ex-Parteikameraden in Nordrhein-Westfalen.

Andeutungen und Entschuldigungen dürften nicht ausreichen um so einen medienwirksamen Austritt zu rechtfertigen. Manche Sätze von Berner klingen alarmierend und können nicht unerklärt im Raum stehen bleiben. So heißt es beispielsweise: „Ich habe Menschen Hoffnung genommen und Angst gegeben, habe mich darüber lustig gemacht, wenn sie wie Vieh in eine Ausweglosigkeit getrieben wurden.“ Was meint der langjährige Neonazi-Aktivist damit? Gibt es unbekannte Verbrechen oder Straftaten? Seine ehemalige Partei „Die Rechte“ – mit ihren zahlreichen Ablegern und zunehmenden gewaltbereiten Aktivitäten – ist zu gefährlich, als das es ausreichen kann, sich als „dumm“ zu bezeichnen und von „braunen Scheuklappen“ zu schwadronieren. Neonazis wie Berner schulden der Öffentlichkeit genauere Aufklärung.

Berner und seine Ex-Ehefrau waren tief verwurzelt. Ihr sollen als ehemaliges Bundesvorstandsmitglied sogar mehrere tausend Euro auf ein privates Konto treuhänderisch anvertraut worden sein. Interne Finanzströme und neonazistische Wirtschaftsnetzwerke sind ein wichtiger Faktor zur Stabilisierung menschenverachtender Politik. Da sollte ein Ausstieg nicht nur zum Event geraten, sondern mit mehr verbunden sein, als nur der eigenen Gewissensberuhigung und pathetischen Warnungen, Andere sollten ihr Leben nicht so verschwenden „wie ich es getan habe.“