Jubelperser? Ahmadinedschad mobilisiert Anhänger Von Werner Pirker 31.12.2009 / Ansichten / Seite 8

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31.12.2009 / Ansichten / Seite 8
Jubelperser ?
Ahmadinedschad mobilisiert Anhänger
Von Werner Pirker
Das System schlägt zurück.
Nachdem die iranische Opposition das Land tagelang in äußerste Unruhe versetzt hatte,
hat die Staatsführung ihre Anhänger auf die Straße gerufen.
Von den westlichen Medien werden sie wohl als »Jubelperser« diffamiert werden,
als hirnlose Handlanger eines »unmenschlichen Regimes«.
Jubelperser wurden übrigens jene persischen Geheimpolizisten genannt,
die am 2. Juni 1967 in Westberlin mit Holzlatten auf Anti-Schah-Demonstranten losgegangen waren.
Damals galt die Sympathie der westdeutschen Medien, insbesondere aus dem Hause Springer, mehr den Jubelpersern,
jedenfalls nicht den Demonstranten und auch nicht der iranischen Opposition. Heute dafür umso mehr.

Heute nennt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel das Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte
gegen die demonstrierende Opposition »inakzeptabel«.
Daß es auch in Deutschland schon einmal einen Toten bei einer Demonstration gegen die Obrigkeit im Iran gab,
fand natürlich keine Erwähnung.
Es war schließlich die deutsche Polizei, die dieser Obrigkeit mit einer Bluttat zu Diensten war.
US-Präsident Barack Obama weiß ebenfalls ganz genau, wer gut und böse, schuldig und unschuldig ist im Iran.
»Unschuldige iranische Bürger«, sagte er, würden »mit der eisernen Faust der Brutalität« angegriffen.
Auch würdigte er »den Mut und die Überzeugung des iranischen Volkes«.

Bei den Protesten gegen das Wahlergebnis im Juni hatte sich Mister President
noch in vornehmer Zurückhaltung geübt, jedenfalls den Anschein vermieden,
die USA würden sich in einen inneriranischen Konflikt einmischen.
Das kam der Opposition insofern zugute, als daß sie nicht in den direkten Verdacht geriet,
Amerikas Fünfte Kolonne zu sein.
Auf solch taktische Rücksichtnahmen meint man nun nicht mehr angewiesen zu sein.
Die Wertegemeinschaft hält das iranische System inzwischen für morsch genug, um es zum Einsturz bringen zu können.

Es scheint freilich weniger die unwiderstehliche Kraft der Opposition zu sein, die die aus der
Islamischen Revolution hervorgegangene Ordnung ernsthaft gefährdet, sondern dessen innere Brüchigkeit.
Die Hauptlinie des Konflikts innerhalb der politischen Klasse verläuft zwischen einem eher
staatskapitalistisch-sozialpaternalistischen Flügel antiimperialistischer Orientierung und prowestlichen
Neoliberalen. Das spaltet auch den Klerus.
Die ultimativen Forderungen der Straße stehen aber nicht unbedingt im Einklang mit den Versuchen,
das System aus dem System heraus zu verändern. Das kommt auch in einer Erklärung des Parlaments zum Ausdruck,
in der zwischen »politischen Bewegungen, die die Reformer inmitten des Regimes« repräsentierten
und den demonstrierenden »Konterrevolutionären« unterschieden wird.
Den Sieg werden wohl diejenigen davontragen, denen es gelingt, die schwankende Mitte auf ihre Seite
zu ziehen.Westliche Einmischungsversuche wirken eher zugunsten der Antiimperialisten.
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