Radikalenerlass

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Willy Brandt


Radikalenerlass
in der deutschsprachigen wikipedia

Als Radikalenerlass bezeichnet man den auch kurz Extremistenbeschluss genannten Beschluss der Regierungen des Bundes und der Länder
zur Überprüfung von Bewerbern für den Öffentlichen Dienst auf deren Verfassungstreue vom 28. Januar 1972.[1]

Der Erlass hatte zum Ziel, die Beschäftigung sogenannter Verfassungsfeinde im öffentlichen Dienst zu verhindern.[2]
Instrument war eine bundesweit einheitliche Auslegung und Anwendung des damals geltenden § 35 BRRG,[3]
wonach sich Beamte durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung
im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhalt einzutreten hatten.
Jeder Einzelfall musste für sich geprüft und entschieden werden.
Dies hatte zur Folge, dass vor der Einstellung, aber auch zur Überprüfung bestehender Dienstverhältnisse eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz durchgeführt wurde.
Ein Bewerber, der verfassungsfeindliche Aktivitäten entwickelte, wurde nicht eingestellt bzw. konnte aus dem Dienst entfernt werden.
Für Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst galten entsprechend den jeweiligen tarifvertraglichen Bestimmungen dieselben Grundsätze.

Der Erlass betraf nicht nur Mitglieder von Parteien, sondern auch Personen, die nicht parteigebunden waren.
Er wurde 1979[4] von der Regierungskoalition aus SPD und FDP einseitig aufgekündigt: Es bestand politisch keine Einmütigkeit mehr über den Erlass.
Auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 1975 hatte keine Klarheit gebracht.
Seitdem gehen die Landesregierungen eigene Wege.
Die Praxis wurde auch im Ausland und insbesondere in Frankreich abgelehnt und als ein deutscher Sonderweg betrachtet.
Von Berufsverboten wurde im politischen Diskurs von Gegnern des Radikalenerlasses deshalb kritisch gesprochen,
weil die Betroffenen ihre erlernten Berufe als Lehrer, Postler oder Eisenbahner überwiegend nur im öffentlichen Dienst ausüben konnten.
Auch wenn die Betroffenen ihren Beruf als solchen weiterhin ausüben durften, konnten die Folgen ähnlich sein wie bei einem Berufsverbot.
In manchen Berufen gibt es alle oder fast alle Arbeitsplätze nur im öffentlichen Dienst.
Das galt vor allem für Lehrer, da Schulen fast immer in kommunaler Trägerschaft waren und nur selten privat, sowie für Postbedienstete und Eisenbahner.
Bundesbahn und Bundespost waren damals noch Staatsbetriebe.

Von 1972 bis zur ab 1985 erfolgten endgültigen Abschaffung der Regelanfrage, zuletzt 1991 in Bayern, wurden bundesweit insgesamt 3,5 Millionen Personen überprüft.
Davon wurden 1250 überwiegend als linksextrem bewertete Lehrer und Hochschullehrer nicht eingestellt, rund 260 Personen entlassen.[2]
Die vom Radikalenerlass Betroffenen fordern Entschädigung und eine vollständige Rehabilitierung.
2016 richtete als erstes Land Niedersachsen eine Kommission „zur Aufarbeitung der Schicksale der von niedersächsischen Berufsverboten betroffenen Personen
und der Möglichkeiten ihrer politischen und gesellschaftlichen Rehabilitierung“ ein.

Medienberichte:

2018

Aufarbeitung des Radikalenerlasses
Die Zeit der Berufsverbote
Niedersachsen legt seinen Bericht über Berufsverbote und Überwachungen in Folge des Radikalenerlasses vor.
Die Landesbeauftragte fordert Entschädigungen.
30. 1. 2018 Reimar Paul Autor
http://www.taz.de/!5477908/

2017

Ausstellung über Berufsverbote in der BRD 45 Jahre Radikalenerlass
Kultur Regional am 4.7.2017 von Annette Lennartz
Berufsverbote - ein fast vergessenes Kapitel der BRD-Geschichte.
1972 beschloss die Ministerpräsidentenkonferenz unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Willy Brandt den sogenannten Radikalenerlass.
Vielen Lehrerinnen und Lehrern, ja sogar Postboten wurde der Staatsdienst verwehrt, weil "Zweifel an ihrer Verfassungstreue" bestand.
Studierende der PH-Heidelberg haben die Berufsverbote und die Auswirkungen an ihrer Hochschule unter die Lupe genommen.
Ihre Videofilme mit Zeitzeugen ergänzen jetzt eine Wanderausstellung über Berufsverbote in der BRD - und zeigen den Radikalenerlass und seine Folgen.
https://www.swr.de/swr2/kultur-info/radikalenerlass-ausstellung-ph-heidelberg-beamte-berufsverbot/-/id=9597116/did=19834870/nid=9597116/e3kj8u/index.html

28.01.2017
Vor 45 Jahren
Der "Radikalenerlass" wird verabschiedet
Als Rudi Dutschke im Jahr 1967 seine Anhänger dazu aufrief,
ihr revolutionäres Potenzial in einem "langen Marsch durch die Institutionen"
in die Gesellschaft zu tragen, erzeugte das bei einigen Entscheidern in Politik, Justiz und Verwaltung große Ängste.
Die Folge: Der "Radikalerlass" vom 28. Januar 1972, der für einige einem Berufsverbot gleichkam.
Von Andreas Baum
http://www.deutschlandfunk.de/vor-45-jahren-der-radikalenerlass-wird-verabschiedet.871.de.html?dram:article_id=377468

2013

Radikalenerlass von 1972: Nazis rein, Linke raus
Was steckte hinter dem heftig umkämpften Radikalenerlass von 1972?
Ein junger Historiker hat sich die Debatte noch einmal angeschaut und kommt zu überraschenden Einsichten
Von Gunter Hofmann
11. Juli 2013, 8:00 Uhr Editiert am 21. Juli 2013, 19:01 Uhr
51 Kommentare
http://www.zeit.de/2013/29/berufsverbote-radikalenerlass-1972/komplettansicht

2012

Radikalenerlass
Der Feind im Klassenzimmer
Klassenkampf statt Unterricht: 1972 trat der Radikalenerlass in Kraft.
Bewerber für den Öffentlichen Dienst wurden systematisch auf ihre Staatstreue überprüft.
Auch der Lehrer Klaus Lipps war ein Opfer des Generalverdachts - und erlebte,
wie selbst die eigenen Kollegen ihn terrorisierten.
Von Christoph Gunkel
Freitag, 27.01.2012 11:14 Uhr
http://www.spiegel.de/einestages/40-jahre-radikalenerlass-a-947468.html

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