Terroristische Abrechnung

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Aus: Ausgabe vom 18.07.2015, Seite 3 (Beilage) / Wochenendbeilage
Terroristische Abrechnung
Der Klassencharakter des Faschismus. Auszug aus der Rede Georgi Dimitroffs
auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale am 2. August 1935 in Moskau

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Moskau 1935: Wilhelm Pieck (l.) und Georgi Dimitroff im Präsidium des VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale Foto: jW-Archiv
Georgi Dimitroff: Die Offensive des Kapitalismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale im Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus.
Hier zitiert nach: Die Kommunistische Internationale, Zeitschrift des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale, Heft 17/18, Basel, 20. September 1935, Seiten1.394–1.397

Unter den Verhältnissen der überaus tiefen Wirtschaftskrise, der heftigen Zuspitzung der allgemeinen Krise des Kapitalismus, der Revolutionierung der werktätigen Massen ist der Faschismus zum breiten Angriff übergegangen.
Die herrschende Bourgeoisie sucht immer mehr ihre Rettung im Faschismus, um die schlimmsten Ausplünderungsmaßnahmen gegen die Werktätigen durchzuführen, um einen imperialistischen Raubkrieg, um den Überfall auf die Sowjetunion, die Versklavung und Aufteilung Chinas vorzubereiten und durch alle diese Maßnahmen die Revolution zu verhindern.

Die imperialistischen Kreise suchen die ganze Last der Krise auf die Schultern der Werktätigen abzuwälzen.
Dazu brauchen sie den Faschismus.

Sie wollen das Problem der Märkte durch Versklavung der schwachen Völker, durch Steigerung der kolonialen Unterdrückung und durch eine Neuaufteilung der Welt auf dem Wege des Krieges lösen. Dazu brauchen sie den Faschismus.

Sie suchen dem Anwachsen der Kräfte der Revolution durch Zerschlagung der revolutionären Bewegung der Arbeiter und Bauern und durch den militärischen Überfall auf die Sowjetunion – das Bollwerk des Weltproletariats – zuvorzukommen.
Dazu brauchen sie den Faschismus.

In einer Reihe von Ländern – insbesondere in Deutschland – gelang es diesen imperialistischen Kreisen, vor der entscheidenden Schwenkung der Massen zur Revolution dem Proletariat eine Niederlage zu bereiten und die faschistische Diktatur aufzurichten. (...)

Der Faschismus an der Macht, Genossen, ist, wie ihn das 13. Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (Dezember 1933, jW) richtig charakterisiert hat, die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.

Die reaktionärste Spielart des Faschismus ist der Faschismus deutschen Schlages.
Er hat die Dreistigkeit, sich Nationalsozialismus zu nennen, obwohl er nichts mit Sozialismus gemein hat.
Der Hitlerfaschismus ist nicht bloß bürgerlicher Nationalismus, er ist ein tierischer Chauvinismus.
Das ist ein Regierungssystem des politischen Banditentums, ein System der Provokationen und Folterungen gegenüber der Arbeiterklasse und den revolutionären Elementen der Bauernschaft, des Kleinbürgertums und der Intelligenz.
Das ist mittelalterliche Barbarei und Grausamkeit, zügellose Aggressivität gegenüber den anderen Völkern und Ländern.

Der deutsche Faschismus spielt die Rolle des Stoßtrupps der internationalen Konterrevolution, des Hauptanstifters des imperialistischen Krieges, des Initiators eines Kreuzzuges gegen die Sowjetunion, das große Vaterland der Werktätigen der ganzen Welt.

Der Faschismus ist nicht eine Form der Staatsmacht, die angeblich »über beiden Klassen, dem Proletariat und der Bourgeoisie steht«, wie das z. B. Otto Bauer (1881–1938, österreichischer Marxist, jW) behauptet hat.
Das ist nicht das »aufständische Kleinbürgertum, das von der Staatsmaschine Besitz ergriffen hat«, wie der englische Sozialist (Henry Noel) Brailsford (1873–1958, Journalist, jW) erklärt. Nein, der Faschismus ist keine über den Klassen stehende Macht und keine Macht des Kleinbürgertums oder des Lumpenproletariats über das Finanzkapital.
Der Faschismus ist die Macht des Finanzkapitals selbst.
Das ist die Organisierung der terroristischen Abrechnung mit der Arbeiterklasse und dem revolutionären Teil der Bauernschaft und der Intelligenz.
Der Faschismus in der Außenpolitik ist der Chauvinismus in seiner brutalsten Form, der einen tierischen Hass gegen die anderen Völker kultiviert.

Dieser wirkliche Charakter des Faschismus muss besonders stark unterstrichen werden, weil der Deckmantel der sozialen Demagogie dem Faschismus die Möglichkeit gegeben hat, in einer Reihe von Ländern die durch die Krise aus ihrem Geleise geworfenen Massen des Kleinbürgertums und sogar manche Teile der rückständigsten Schichten des Proletariats mitzureißen, die niemals dem Faschismus gefolgt wären, wenn sie seinen wirklichen Klassencharakter, seine wirkliche Natur begriffen hätten.

Die Entwicklung des Faschismus und die faschistische Diktatur selbst nehmen in den verschiedenen Ländern verschiedene Formen an, je nach den historischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen, je nach den nationalen Besonderheiten und der internationalen Stellung des betreffenden Landes. (…)
Der Machtantritt des Faschismus ist keine einfache Ersetzung der einen bürgerlichen Regierung durch eine andere, sondern eine Ablösung der einen Staatsform der Klassenherrschaft der Bourgeoisie – der bürgerlichen Demokratie – durch eine andere Form – durch die offene terroristische Diktatur. (…)