28.10.2016 Militantes Neonazi-Treiben in Ungarn
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Militantes Neonazi-Treiben in Ungarn
von Anton Maegerle 28.10.2016
Ein in Ungarn landesweit bekannter Neonazi-Kader hat bei einer Razzia auf seinem Anwesen einen Polizisten erschossen.
Ungarischer Neonazi erschießt Polizisten; Symbolphoto: © Stefan Schiegl / pixelio.de
Der 76-jährige István Györkös,
1989 Gründer und langjähriger Anführer der neonazistischen und militanten „Ungarischen Nationalen Front“ (MNA; Magyar Nemzeti Arcvonal),
eröffnete am Morgen des 26. Oktober sofort mit einer Maschinenpistole das Feuer,
als Polizisten sein Anwesen im Dorf Bony nahe der westungarischen Stadt Gyor durchsuchen wollten.
Dabei wurde der 46-jährige Polizist Peter Pálvölgyi
tödlich getroffen und ein weiterer Polizist angeschossen.
Der einschlägig vorbestrafte und knasterfahrene Neonazi
wurde nach einem Schusswechel schließlich überwältigt
und dabei schwer verletzt.
Gegen Györkös war zuvor Anzeige wegen illegalen Waffenbesitzes und paramilitärischer Ausbildung von Neonazis erstattet worden.
Auf seinem Landgut veranstaltete Györkös regelmäßig Wehrsportübungen,
an denen auch deutsche Neonazis teilnahmen.
Neben Exerzier-, Gelände- und Schießübungen wurde auf dem Anwesen auch die Erstürmung von Häusern geprobt.
„Juden, Zigeunern und Schwulen“ war der Zutritt verboten, so ein Schild auf dem Gelände.
Die MNA, die älteste Neonazi-Gang in Ungarn,
definiert sich als Eliteformation auf „nationalsozialistischer Grundlage“
und pflegt engste Kontakte zum internationalen Neonazi-Netzwerk „Blood&Honour“.
Deutsche Neonazis bei der „Ungarischen Nationalen Front“
In einem Interview mit ungarischen Gleichgesinnten gab Györkos 2009 Einblick in sein ideologisches Weltbild.
Der Auffassung von Györkos zufolge liege die „bürgerliche Gesellschaftsordnung“ in ihren „letzten Stunden“.
Anzeichen dafür seien „Aufzüge der Homosexuellen, der Kult der Singles, der Konsumidiotismus, die Abtreibungen“ und „die Holocaustreligion“.
Am Ende des Zerfalls stehe „der Bankrott des Judeo-Kapitalismus, der im Grunde genommen das Ende der jüdischen Hegemonie bedeutet", so der militante Antisemit.
Als seinen „Grundsatz“ nannte Györkos, dass ein „Jude immer lügt“.
Kontakte zur MNA pflegten auch Neonazi-Kreise um die späteren Rechtsterroristen des NSU.
So reisten im Februar 1998, wenige Tage nach dem Untertauchen von Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe in die Illegalität, deutsche Neonazis nach Budapest,
um den Waffen-SS glorifizierenden „Tag der Ehre“ zu begehen.
Zu den Ausrichtern des internationalen Neonazi-Aufmarschs zählte auch die „Ungarische Nationale Front“.
In Budapest angekommen, tranken die deutschen Neonazis mit den ungarischen Kameraden im „Viking Club“.
Einen der aus Ostdeutschland angereisten Busse hatte Marcel D., „Blood&Honour“-Kader und zugleich V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz, gechartert.
Im Bus saßen unter anderem der NSU-Quartiersgeber in Chemnitz, Max-Florian B., sowie Jörg W., der 1996 in die Beschaffung von TNT für Uwe Mundlos involviert war und Andreas S., der später beschuldigt wurde,
einer der Zwischenverkäufer der NSU-Mordwaffe Ceska gewesen zu sein.