Dr. Kristina Köhler – eine “Neue Rechte” im Kabinett Merkel?

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Dr. Kristina Köhler – eine “Neue Rechte” im Kabinett Merkel?

Christian Sickendieck
4. Dezember 2009
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Sie ist aus Hessen. Zu dieser einfachen aber doch zutreffenden Schlussfolgerung kommt Michael Spreng, warum Frau Dr. Kristina Köhler neue Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geworden ist. Die Presse jubelt, ein neuer Shootingstar ist geboren, jung, gutaussehend — das allein scheint heute auszureichen um von den Medien hofiert, geliebt und mit positiven Schlagzeigen versorgt zu werden. Wer allerdings über die Hintergründe und das politische Wirken Köhlers informiert werden wollte, der musste sich in den letzten Tagen auf anderem Wege mit Informationen versorgen. In den USA wird vom zukünftigen Präsidenten jedes Mitglied seiner Regierungsmannschaft von der Geburt bis zur eventuellen Ernennung durchleuchtet – findet sich auch nur ein kleiner dunkler Fleck auf der vielleicht sonst so weißen Weste, ist die Karriere verbaut. Die Medien in den USA würden dies gnadenlos ausschlachten, hinterfragen und kritisieren. In Deutschland ist diese Gefahr nicht gegeben. Dr. Kristina Köhler ist Hessin, jung und entspricht offensichtlich die Schönheitsideal der deutschen Politredakteure. That’s it. A new star is born.

Bereits mit 14 Jahren trat Frau Dr. Kristina Köhler in die Junge Union ein. In diesem zarten Alter schwärmte sie nicht wie andere Mädchen für Patrick Swayze, John Travolta oder Richard Gere – laut eigener Aussage hieß ihr Schwarm Helmut Kohl. Das kann man befremdlich finden – doch im Korpsgeist der Union öffnete ihr dieser Umstand selbstverständlich viele Türen. In der Folge stieg sie innerhalb der CDU schnell auf – nebenbei konnte sie auch ihr Studium beenden. Als politischer Ziehvater wird dabei immer wieder der so genannte Extremismusforscher Prof. Dr. Eckhard Jesse genannt. Der angesehene Journalist Otto Köhler schrieb am 14. November 2008 in der jungen Welt: Eckhard Jesse ist Mitbegründer des neueren deutschen Geschichtsrevisionismus

Köhler und Jesse sind Anhänger der These, dass Links– und Rechtsextremismus Extremismen der gleichen Spielart sind, Differenzierungen werden kaum mehr vorgenommen, Links und Rechts bedrohen die Mitte in Deutschlands, insbesondere aber der Linksextremismus. Linksextreme sind schon in Teilen der SPD zu finden, Rechtsextreme selbstredend nicht in der CDU. Hintergründe zur Extremismustheorie auf dem NPD-Blog. Das Bildungs– und Solidaritätswerk Anna Seghers e.V. Wiesbaden hat sich schon mit Frau Dr. Kristina Köhler beschäftigt, als diese noch Hinterbänklerin im Deutschen Bundestag war. Wie Vertreter der „Neuen Rechten» versuchen, Deutungshoheit über Begriffe wie Rechtsextremismus zu erlangen — am Beispiel der CDU-Bundestags– abgeordneten Kristina Köhler. Mit diesem Worten beginnt ein sachlicher Artikel, der in meinen Augen aufzeigt, dass Köhler im günstigsten Fall politisch-naiv agiert, sollten sich ihre Thesen und die ihrer geistigen Väter, wie Professor Dr. Hans-Helmut Knütter, aber durchsetzen, ist sie in meinen Augen für unser gesellschaftliches Miteinander hochgradig gefährlich.

In einem seltenen Anfall von kritischem Journalismus hat sich die SZ einmal die Doktorarbeit von Frau Dr. Kristina Köhler angeschaut: Kristina Köhler hat trotz Bundestagsmandat promoviert. Ohne ihr Netzwerk aus Uni, Politik und privatem Umfeld wäre die Ministerin aber nicht Frau Doktor. Der Artikel verwundert nicht – für mich steht eine Frage im Raum, die von der SZ nicht gestellt wurde. Köhler aber konnte — dank Pofalla — auf die Mitgliederdatenbank der CDU-Parteizentrale zurückgreifen, so Thorsten Denkler. Was sagt eigentlich der Berliner Datenschutzbeauftrage zu dem Umstand, dass ein normales CDU-Mitglied auf die gesamte Mitgliederdatenbank der CDU zugreifen darf? Ich halte es für sehr fragwürdig, dass dies, auch für eine Doktorarbeit, möglich sein soll. Unterschreiben CDU-Mitglieder bei Eintritt in die Partei, dass ihre Daten ausgewertet werden dürfen, auch außerhalb der Parteizentrale? Das würde mich ehrlich gesagt brennend interessieren. Nichtsdestotrotz zeigt sich an diesem Beispiel, dass Politiker anders sind, als Normalsterbliche. Manche Menschen sind gleicher als andere – hier offen ausgelebt.

Anfang 2008 machte Frau Dr. Kristina Köhler im hessischen Wahlkampf von sich reden. Wir erinnern uns: In der Münchner U-Bahn gab es einen Überfall auf einen älteren Herren, es sollen angeblich die Worte scheiß Deutscher gefallen sein – und Roland Koch hatte seinen zweiten ausländerfeindlichen Wahlkampf. Speziell Köhler hatte zu dieser Zeit ihr Thema gefunden: Deutschfeindlichkeit. Die ARD und Panorama nahmen sich ihrer an – in der Sendung vom 24. Januar 2008 wird deutlich, wie Dr. Kristina Köhler polemisiert: mit Ängsten, Vorurteilen, nicht aber mit belegbaren Argumenten.

Edmund Stoiber hätte folgende Sätze nicht besser hinbekommen: Wir stellen fest, dass es in Deutschland zunehmend auch eine deutschenfeindliche Gewalt von Ausländern gegenüber Deutschen gibt, weil das Deutsche sind. Also dass es nicht zufällig ist, dass sich ein Täter mit Migrationshintergrund ein deutsches Opfer sucht, sondern dass er sich gezielt ein deutsches Opfer sucht, weil es sich eben ein Deutscher ist. Doch nicht nur das. Sie zitiert Professoren und die Judikative, die von ihrem Glück nichts weiß. Köhler: Was wir mitbekommen, ist, dass dieses Phänomen in immer mehr Fällen eine Rolle spielt. Das sagen uns Polizisten, das sagen uns Staatsanwälte, das sagen uns Richter. Der Staatsanwalt: Wir haben keine Belege dafür, dass die deutschfeindlichen Gewalttaten zugenommen haben. Der Richter: Die unsinnigsten Anlässe führen dazu, dass im schwersten Maße Gewalttaten begangen werden. Dass das Motiv aber Deutschenhass wäre, das können wir kaum feststellen. Köhler klärt auf, auf wen sie Bezug nimmt: Da handelt es sich um Professor Pfeiffer, ein bekannter Kriminologe, der sich sehr stark immer zu dem Thema Jugendgewalt äußert. Pfeiffer selbst dazu: Ich werte es als Missbrauch unserer Thesen, unserer wissenschaftlichen Befunde. Hier wird Etwas einseitig interpretiert, zu politischen Zwecken. Dagegen möchten wir uns dann doch verwahren. Es gibt keine aktuelle wissenschaftliche Untersuchung, die belegen würde, dass die Deutschfeindlichkeit zunimmt.

Wenn Frau Dr. Kristina Köhler sich von Kameras unbeobachtet fühlt, kann sie in Gesprächen auch schon einmal direkter werden. Am 17. April diesen Jahres wurde folgendes Video aufgenommen. Die Türkei ist ein Land, die sagt, sie wollen in die EU. Da ist doch das ein ganz entscheidender Punkt, dann zu sagen, also ich habe ohnehin große Vorbehalte, ob die Türkei in die EU rein sollte, ich glaube, es würde die EU kulturell und von den Wertevorstellungen überfordern. Aber wenn die Türkei schon sagt, sie wollen in die EU, dann müssen wir glasklar formulieren, dass es eine absolute, ja schon eine Selbstverständlichkeit ist, dass man mit den Minderheiten im eigenen Land, den religiösen, den nationalen Minderheiten, denen alle Rechte gewährt und dass Religionsfreiheit, die ja von türkischen Muslimen hier in Deutschland immer sehr vehement eingefordert wird, dass diese Religionsfreiheit dann genauso in der Türkei gelten muss. Hier wird das altbekannte Spiel der Rechten durchexerziert: Erst werden Vorurteile bedient, um dann wie selbstverständlich Forderungen zu stellen, diese dann aber durch die eigenen Worte ad absurdum führt: Man hat offensichtlich gar nicht vor, gemeinsam in die Zukunft zu blicken. Es überfordert offenbar das eigene Weltbild. Integration durch Ausgrenzung? Das hat noch nie funktioniert und wird nie funktionieren. Hier wird offenbar, dass von Politikern wie Köhler keine Integration gewollt ist, weder national noch international. Wenn ich das sage, dürfen sie mich nicht falsch verstehen. Nein, liebe Frau Dr. Köhler, das versteht man schon ganz richtig.

Aber auch das so genannte Web 2.0 scheint von unserer neuen Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hellauf begeistert zu sein. Frau Dr. Kristina Köhler soll bei Facebook und Twitter aktiv sein. Ihr Fans und Follower stiegen nach ihrer Ernennung um ein Vielfaches. Sie ist eine von uns, schallt es aus vielen Kanälen. Genau, wie wir alle wissen, twittert auch Barack Obama selbst. Es reicht ein Blick auf Abgeordnetenwatch, um zu sehen, wie ernst es Köhler wirklich mit dem politischen Diskurs mit den Bürgerinnen und Bürgern ist. Sie verweigert sich dort dem Gespräch. Anstatt einer Antwort, gibt es einen Textbaustein. Vielen Dank für Ihre Frage. Ich werde Ihnen diese allerdings nicht über Abgeordnetenwatch beantworten und möchte Ihnen dies auch kurz erklären. Abgeordnetenwatch ist eine Plattform, die als selbsternannter Mittler zwischen Abgeordneten und Bürgern auftritt. Abgeordnetenwatch liegt die (unausgesprochene) These zu Grunde, dass Bundestagsabgeordnete sonst nicht ansprechbar oder gar abgehoben und für Anliegen der Bürger nur unter öffentlichem Druck zugänglich seien. Ich muss nicht extra erwähnen, dass Abgeordnetenwatch mittlerweile unter Politikern und Bürgerinnen und Bürgern etabliert ist, um miteinander zu kommunizieren. Auch die weiteren Worte Köhlers muss man aus Ausrede werten, wer nicht aus ihrem Wahlkreis kommt, wird kaum die Möglichkeit haben, zur Bürgersprechstunde vorbeizuschauen. Und auf E-Mails und Briefe, das weiß jeder politisch interessierter Mensch, folgen grundsätzlich Textbausteine. Hier wird offenbar: Frau Dr. Kristina Köhler verweigert sich einem etablierten und anerkannten politischen Diskurs.

Es ist kein wirkliches Wunder, dass das offen rechtsradikale und islamfeindliche Blog Politically Incorrect die neue Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend feiert und in Begeisterungsstürme verfällt. Eine kleine Anekdote am Rande: Jenes Blog, das der Verfassungsschutz bereits auf dem Zettel hat, wurde auch im Pressespiegel Köhlers verlinkt. Dieser Link wurde auf Köhlers Webseite mittlerweile entfernt. Auf archive.org lässt sich dies nachvollziehen.