Hans-Eberhard Schultz als PKK Anwalt Artikel 1999

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Hans-Eberhard Schultz

Hans-Eberhard Schultz als PKK Anwalt

1999

jw: 26.02.99
Maurice Merlin 25.02.99

junge Welt                        Titel                        26.02.1999
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   Ocalan-Geständnis von Ankara getürkt?
   Türkische Presse wirft Bundesrepublik PKK-Unterstützung vor
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   Seit Tagen berichten die großen türkischen Zeitungen über
   vermeintliche Aussagen Abdullah Öcalans. Dabei sitzt der
   PKK-Vorsitzende seit seiner Verschleppung aus der griechischen
   Botschaft in Kenia in der vergangenen Woche abgeschottet von der
   Außenwelt und ohne anwaltliche Vertretung auf der türkischen
   Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer in Einzelhaft. Erst am
   Donnerstag nachmittag durften ihn zwei seiner Verteidiger, [[Ahmet
   Zeki Okcuoglu]] und dessen Kollegin Hatice Korkut, besuchen.
   Die Vernehmung des türkischen Staatsfeindes Nummer eins war zu
   diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Das nationalistische Blatt
   Hürriyet zitierte in seiner Donnerstagausgabe einen türkischen
   Staatswalt mit den Worten, der PKK-Chef habe nun alle Fragen
   beantwortet. »Wir haben alles, was wir wollen. Jetzt werden wir die
   Anklage vorbereiten.« 36 Seiten lang soll das »Geständnis« Öcalans
   sein. Es ermöglicht der Führung in Ankara einen        [Abbildung]
   Rundumschlag gegen die Opposition in dem
   kleinasiatischen Land. Demnach soll Öcalan den Ermittlern Personen
   genannt haben, die mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans
   (PKK) in Verbindung stünden. Prompt wurden die linken
   Oppositionellen in der Türkei verhaftet. Des weiteren habe Öcalan
   direkte Verbindungen zwischen der PKK und der prokurdischen
   HADEP-Partei eingeräumt, gegen die zur Zeit ein Verbotsverfahren
   anhängig ist. Auch wenn solche Kontakte von HADEP-Vertretern immer
   wieder bestritten werden: Generalstaatsanwalt Vural Savas
   beantragte umgehend, HADEP-Kandidaten die Teilnahme an den
   Parlaments- und Kommunalwahlen am 18. April zu verbieten.
   Seit der Öcalan-Verschleppung sind dem unabhängigen
   Menschenrechtsverein IHD zufolge mehr als 3 300 Oppositionelle
   verhaftet worden.
   Für ein umgehendes Dementi der deutschen Botschaft in Ankara
   sorgten am Donnerstag Berichte in türkischen Massenzeitungen, die
   BRD habe die kurdische Rebellenbewegung mitfinanziert. Verkehrte
   Welt: Ausgerechnet die Bundesrepublik sah sich plötzlich neben
   Griechenland, Syrien und Iran auf der türkisch- amerikanischen
   Liste von »Schurkenstaaten«, die Geldmittel an die PKK hätten
   fließen lassen. »Darüber kann ich nur lachen. In Deutschland sind
   Spenden von Kurden in Millionenhöhe beschlagnahmt und der PKK somit
   direkt entzogen worden«, so Öcalan-Anwalt Hans-Eberhard Schultz
   gegenüber junge Welt. »Nach den Standards der Europäischen
   Menschenrechtskonvention wäre ein solches Geständnis wohl nicht
   viel wert. Hinzu kommt, daß bislang dokumentierte Fälle immer
   wieder deutlich machen, wie solche Geständnisse zustande kommen:
   unter Folter oder unter Drohung von Folter«, so Schultz.
   Seit Jahren tragen die Bundesrepublik und Europa eine
   »Mitverantwortung an der Vernichtungspolitik gegen das kurdische
   Volk«, kontern die PDS-Bundestagsabgeordneten Heidi
   Lippmann-Kasten, Ulla Lötzer und Ulla Jelpke. Es sei der
   Öffentlichkeit bekannt, daß die BRD, die USA und auch Europa mit
   ihrer »jahrelangen Waffenlieferungspolitik und Wirtschaftshilfe den
   Bürgerkrieg in den kurdischen Gebieten mitgetragen« haben. Mit
   ihrer Abschiebepolitik versuche sich die Bundesrepublik »vor ihrer
   Mitverantwortung zu drücken«. Die Protestnote »Keine Abschiebung -
   Keine Waffen an die Türkei« wurde unter anderem auch von Peter C.
   Walter, dem Bundessprecher der VVN/BdA, von den Gewerkschaftern
   Rudi Munz (IG Medien, Hauptvorstand), Sabine Leidig
   (DGB-Kreisvorsitzende Karlsruhe) und Harry Siegert
   (DGB-Kreisvorsitzender Heidelberg) sowie Hüseyin Avgan, dem
   Bundesvorsitzenden der Föderation demokratischer Arbeitervereine
   (DIDF), und Heinz Stehr (DKP-Vorsitzender) unterzeichnet.
   Rüdiger Göbel


junge Welt                      Interview                      26.02.1999
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   Wie entsteht in der Türkei ein »Geständnis«?
   jW sprach mit dem Bremer Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schultz
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   (Er ist einer der Verteidiger Abdullah Öcalans und Herausgeber des
   Buches »10 Jahre grenzüberschreitende Kurdenverfolgung«, erschienen
   1998 im GNN-Verlag Köln)
   F: Was ist von den Berichten türkischer Zeitungen in den
   vergangenen Tagen zu halten, Abdullah Öcalan werde im Gefängnis gut
   behandelt und bekomme alles, wonach er verlange?
   Das ist doch stark zu bezweifeln. Dagegen sprechen zunächst schon
   die unglaublichen Umstände, unter denen Öcalan illegal in die
   Türkei verschleppt wurde. Man erinnere sich nur an das
   entwürdigende Foto, auf dem er gefesselt und mit Augenbinde zu
   sehen ist.
   Dagegen sprechen weiterhin alle Erfahrungen, die man in der Türkei
   mit ähnlichen Fällen gemacht hat. Selbst das Anti- Folterkomitee
   beim Europarat hat in sämtlichen Berichten - die entgegen der
   sonstigen Praxis sogar veröffentlicht werden mußten, weil man sich
   nur dadurch Druck auf die Türkei erhofft - immer wieder
   festgestellt, daß insbesondere in der ersten Zeit der sogenannten
   Inkommunikado-Haft, in der Inhaftierte ohne jeden Kontakt mit der
   Außenwelt sind, systematisch gefoltert wird. Es wird gefoltert, um
   von Oppositionellen, Kurden, Politikern Geständnisse zu erpressen.
   Der Aussage, Öcalan gehe es gut, kann also ernsthaft niemand
   Glauben schenken.
   F: Wie bewerten Sie die Aussagen, die Öcalan in den Mund gelegt
   werden, die BRD wäre Mitfinanzier der Arbeiterpartei Kurdistans
   (PKK) gewesen?
   Da kann ich nur drüber lachen. In den vergangenen Jahren sind von
   den hiesigen Behörden Spenden von Kurden in Millionenhöhe
   beschlagnahmt und damit der PKK entzogen worden. Die Türkei
   behauptete ja schon immer, daß es die PKK im Grunde nicht gebe,
   sondern sie eine ausländische Erfindung und ausländische
   Einmischung in ihre Angelegenheiten sei. Und wenn es die PKK nicht
   gäbe, gäbe es angeblich das Kurdenproblem nicht. Es wundert
   höchstens, daß es so lange dauert, bis irgendwelche »Geständnisse«
   mit Unterschriften vorgelegt werden.
   F: In kurdischen Kreisen nimmt man mit großer Sorge die täglichen
   Berichte in der türkischen Presse über den Gesundheitszustand
   Öcalans zur Kenntnis. Man sieht in ihnen die Vorbereitung einer
   extralegalen Hinrichtung des PKK-Vorsitzenden.
   Ich weiß nur, daß Öcalan auch schon vor der illegalen Verschleppung
   Probleme mit dem Magen hatte. Ich hatte ihn kurz davor noch
   gesehen. Auf den Videobildern war dann ein völlig anderer Mensch zu
   sehen: sein Gesicht aufgedunsen, die Bewegungen fahrig, die
   Aussprache verwaschen. Da waren mit Sicherheit Psychopharmaka oder
   gar Drogen im Spiel. Natürlich ist es noch nicht nachgewiesen, aber
   die Vermutung liegt nahe.
   F: Sie versuchen weiterhin, als ein Mitglied des internationalen
   Anwaltsteams in die Türkei zu gelangen. Haben Sie Kontakt zu den
   anwaltlichen Vertretern Öcalans vor Ort?
   Ja, den haben wir. Und ich hoffe, daß meine Kollegen Öcalan
   tatsächlich sehen können und sich von seinem Zustand, seinen
   Haftbedingungen überzeugen und überprüfen können, was er nun
   wirklich gesagt hat und was nicht.
   F: Nach einem Bericht der türkischen Zeitung Hürriyet soll von
   Öcalan ein 36seitiges Geständnis abgelegt worden sein. Ist eine
   solche Aussage nach rechtsstaatlichen Grundsätzen von Wert, wenn
   keine anwaltliche Vertretung bei den Vernehmungen zugelassen war?
   Nach den Standards der Europäischen Menschenrechtskonvention wäre
   ein solches Geständnis wohl nicht viel wert. Hinzu kommt, daß
   bislang dokumentierte Fälle immer wieder deutlich machen, wie
   solche Geständnisse zustandekommen: Unter Folter oder Androhung von
   Folter. Mit verbundenen Augen wird den Betreffenden etwas
   vorgelegt, was sie unterschreiben müssen. Was auf dem Papier steht,
   bekommen sie noch nicht einmal zu sehen. Solche erpreßten
   Geständnisse werden regelmäßig im Laufe des weiteren Verfahrens
   widerrufen. Das ist eine sehr schlimme Erfahrung, die alle, die
   sich damit ernsthaft befassen, auch genau kennen.
   Interview: Rüdiger Göbel


junge Welt                        Inland                       26.02.1999
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   Ausgereist mit Diplomatenpaß
   Nach wie vor keine Klarheit über die Vorfälle am israelischen
   Konsulat in Berlin
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   Bereits einen Tag vor den Protesten von PKK-Anhängern am
   israelischen Generalkonsulat in Berlin haben den
   Sicherheitsbehörden der Stadt nach Angaben des [[Senders Freies
   Berlin]] (SFB) Warnungen des BKA vor möglichen PKK-Aktionen gegen
   israelische Einrichtungen vorgelegen. Demnach habe das
   Bundeskriminalamt entsprechende Meldungen zweimal schriftlich am
   16. Februar an alle Länderinnenminister und Landeskriminalämter
   weitergeleitet. Berlins Innensenator Werthebach hatte dagegen stets
   behauptet, daß der verstärkte Schutz des Gebäudes erst am 17.
   Februar nach konkreten BKA-Hinweisen für notwendig erachtet worden
   wäre.
   Werthebach bezeichnete am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde im
   Berliner Abgeordnetenhaus die BKA- Informationen als »abstrakte
   Hinweise« und verglich den daraus abzuleitenden Handlungsbedarf mit
   dem bei anonymen Bombendrohungern. Auch die direkten Geschehnisse
   in und vor dem israelischen Generalkonsulat sind nach wie vor nicht
   endgültig aufgeklärt. Justizsenator Körting (SPD) sagte vor dem
   Abgeordnetenhaus, daß nicht mehr ausgeschlossen werde, daß auch
   »vor dem Konsulatsgebäude Schüsse abgefeuert worden seien«, so der
   Senator. Derzeit schwebt von den neun im Krankenhaus liegenden
   Kurden mit Schußverletzungen noch einer in Lebensgefahr.
   Nach Angaben Körtings sind die israelischen Sicherheitsbeamten, die
   wild in die Menge geschossen hatten, von der Staatsanwaltschaft
   vernommen worden. Sie hätten über Diplomatenpässe verfügt und seien
   inzwischen nach Israel ausgereist.
   Der Innensenator sprach abschließend der Berliner Polizei seinen
   Dank für den friedlichen Verlauf des Trauermarsches für die
   erschossenenen Kurden am Mittwoch aus. Die Bemühungen verschiedener
   kurdischer Verbände und deutscher Organisationen, die an dem
   Trauermarsch teilnahmen, um eine Deeskalation erwähnte er mit
   keinem Wort. Scharfe Kritik äußerte er dagegen an der vom
   Kreuzberger Bürgermeister Franz Schulz veranlaßten Trauerbeflaggung
   zum Gedenken an die Erschossenen am Rathaus des Bezirks. Deutsche
   Staatssymbole seien »nicht mit den Aktivisten einer terroristischen
   Gruppierung« in Verbindung zu bringen.
   Andreas Gräfenstein


junge Welt                        Inland                       26.02.1999
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   Hungerstreik gegen Abschiebung
   Berlin will trotz internationaler Proteste Kurden an Türkei
   ausliefern
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   Recep Öz, der sich seit seiner Festnahme am 17. Februar aufgrund
   der Ablehnung seines Asylantrages im Hungerstreik in der
   Abschiebehaftanstalt Grünau befindet, ist nach der am Dienstag
   erfolgten Ablehnung des Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz
   unmittelbar von der Abschiebung bedroht. Über die Annahme seines
   Asylfolgeantrages wird unterdessen noch entschieden.
   Recep Öz wird wegen seiner politischen Aktivitäten für die
   Überlebensrechte der Kurden von den türkischen Behörden gesucht und
   muß im Falle seiner Abschiebung mit Verhaftung, Folter und
   »Verschwindenlassen« rechnen. »International Prison Watch« (IPW),
   eine in Lyon/Frankreich ansässige internationale Organisation, die
   über den Konsultativstatus bei den Vereinten Nationen verfügt,
   protestierte am Mittwoch in einem Schreiben an Außenminister
   Fischer, an die deutsche Botschaft in Paris und an den Berliner
   Innensenator Werthebach gegen die drohende Abschiebung von Recep
   Öz.
   »Die Abschiebung von Recep Öz in die Türkei steht im Widerspruch zu
   der internationalen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
   gegen die Folter, in der es heißt, >Kein Staat wird eine Person in
   einen anderen Staat ausweisen, der ernsthafte Gründe zu der Annahme
   bietet, daß diese Person dort gefoltert werden könnte.< Diese
   Konvention ist auch von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert
   worden«, erklärte dazu Christine Dauve-Servaty, Präsidentin der
   IPW. Die Präsidentin forderte die politisch Verantwortlichen auf,
   »Maßnahmen zu treffen, damit die psychische und physische
   Unversehrtheit von Recep Öz und anderer türkischer Staatsbürger
   kurdischer Nationalität garantiert wird«.
   Auch die Schriftstellerin Christa Wolf appellierte in einem Fax an
   Senator Werthebach, die Abschiebung von Recep Öz zu verhindern.
   Der Flüchtlingsrat Berlin forderte von der Innenministerkonferenz
   (IMK), die am Donnerstag mittag ihre turnusmäßige Sitzung begann,
   die Einhaltung der internationalen Menschenrechtsabkommen gegen
   Folter durch einen bundesweiten sofortigen Abschiebestopp für
   Kurden sicherzustellen. Dazu gehöre nicht nur die sofortige
   Entlassung von Recep Öz und allen anderen Kurden aus den
   Abschiebegefängnissen, sondern auch die Zusicherung einer
   Aufenthaltsgenehmigung, solange Folter in der Türkei praktiziert
   wird. Jedoch ist nicht zu erwarten, daß sich die IMK mit diesem
   Anliegen beschäftigen wird. Im Gegenteil. Bei dem Treffen der
   Innen- und Justizminister sollten gestern nach Angaben eines
   Sprechers des baden-württembergischen Justizministeriums
   Möglichkeiten zur Beschleunigung und Erleichterung der Abschiebung
   erörtert werden.
   (jW)