Silke Lührmann
Aus InRuR
"Junge Freiheit" Autorin
Übersetzerin des Buchs "Wir und die anderen" von Alain de Benoist
Edition Junge Freiheit, 2008. 129 Seiten
Über den Tag hinaus. Festschrift für Günter Zehm. (2003)
Rechter Rand
Auf verlorenem Posten: Aufklärerisches bei der Jungen Freiheit
Stefan Kubon
16.05.2010
Zumeist verbreitet die rechte Zeitung Junge Freiheit (JF) immer die gleichen reaktionären Botschaften. Ewiggestrige Zeitgenossen müssen bei der Lektüre des Blatts also kaum fürchten, durch progressive Ideen aufgeschreckt zu werden. Doch trotz aller ideologischen Gleichförmigkeit des rechten Blatts: Zumindest drei JF-Autoren sind in jüngerer Zeit aufgefallen, weil sie unter aufklärerischen Vorzeichen grundlegende Überzeugungen des reaktionären Weltbilds der JF attackiert haben.
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Bedeutung von ethnischen Aspekten bei sozialen Konflikten
Kommen wir zu guter Letzt zu Silke Lührmann. Ebenso wie Harald Harzheim und Volker Kempf distanziert sie sich durch ihre Äußerungen von typischen rechten Dogmen. Während JF-Autoren zumeist davon überzeugt sind, dass soziale Konflikte vor allem dann entstehen, wenn Menschen unterschiedlicher Ethnien in einer Gesellschaft zusammenleben, scheint Lührmann dieser Sichtweise eher wenig abgewinnen zu können. Zum Beispiel weist sie auf einen Themenabend des Kulturfernsehsenders Arte hin, der sich mit der Jugendgewalt in Europa beschäftigt.
Dabei stellt sie im Einvernehmen mit der Berichterstattung von Arte hinsichtlich der Lage in London fest (JF vom 6. Februar 2009): "Schnell eskaliert ein Streit; jemand ist zur falschen Zeit am falschen Ort; seltener, als man annehmen sollte, sind Alkohol und Drogen im Spiel. Auch wer meint, derartige Bluttaten seien kein Wunder in der vermeintlich multikulturellen Metropole - mehr Pulverfaß als Schmelztiegel -, ist auf der falschen Fährte. Denn zumeist entladen sich die Konflikte nicht entlang ethnischer Fronten, vielmehr kommt es darauf an, wer in welcher Straße wohnt und zu welcher Postleitzahl sie gehört." Zwar widerspricht diese Aussage eindeutig der Annahme, dass es in pluralistischen Gesellschaften vor allem multiethnische Aspekte sind, die Konflikte verursachen. Gleichwohl dürften Lührmanns Aufklärungsversuche im JF-Milieu kaum sonderlich erfolgreich sein.
Ähnlich wie Volker Kempf und Harald Harzheim scheint auch Silke Lührmann recht wenig von der Idee eines ständigen Wirtschaftswachstum zu halten. Vor allem aufgrund ökologischer Erwägungen kommt Lührmann zu dem Schluss (JF vom 3. Juli 2009): "Jenseits kurzfristiger Kalkulation bis zum nächsten Wahltermin sind alle panischen Maßnahmen zur Wachstumsankurbelung (…) nicht nur wider-, sondern geradezu irrsinnig. Statt dessen müßte jetzt endlich die Gelegenheit genutzt werden, den Verzicht in die Wege zu leiten, solange er noch aus freier Entscheidung statt aus äußerer Notwendigkeit erfolgen kann."
Schließlich ist noch erwähnenswert, dass Lührmann recht eindeutig ihre Sympathien für den US-Präsidenten Barack Obama und dessen Vision einer offenen und sozialen Gesellschaft bekundet (JF vom 30. Januar 2009): "Obamas Traum ist der bis heute unerfüllte des Martin Luther King von einer selbstverständlichen Solidarität zwischen allen Amerikanern unbesehen der Hautfarbe und des gesellschaftlichen Status, einer Besinnung auf Amerikas 'bessere Engel', auf den Wortlaut (nicht den von der Sklaverei besudelten Geist) seiner Unabhängigkeitserklärung." Wenn man bedenkt, wie stark sich die JF mit der reaktionären "Tea-Party-Bewegung" der USA identifiziert (JF vom 16. April 2010), deren gemeinsames Feindbild Obama ist, wird deutlich, wie exotisch Lührmanns weltanschauliche Position im JF-Milieu anmutet.
Stellung der drei Autoren im Machtgefüge der JF
Obgleich die dargestellten Auffassungen von Harzheim, Kempf und Lührmann den vorherrschenden Dogmen des JF-Milieus deutlich widersprechen: Alle drei Autoren haben eine relativ enge Bindung an das rechte Blatt. Harzheim schreibt seit ein paar Jahren fast wöchentlich für den Kulturteil. Kempf arbeitet bereits seit den 90er Jahren für die JF. Seit etlichen Jahren schreibt er nahezu wöchentlich für das Blatt, wobei sein Steckenpferd insbesondere die Ökologie ist. Im Vergleich zu Harzheim und Kempf verfasst Lührmann wenig Beiträge. Verbunden ist sie der JF vor allem, weil sie für die Schlussredaktion arbeitet. Ihre ersten Artikel für das Blatt schrieb Lührmann in den 90er Jahren. Sie äußert sich zumeist zu kulturellen Themen.
Trotz dieser relativ engen Bindung an die JF: Die Bedeutung dieser drei Autoren im ideologischen Machtgefüge der Zeitung ist äußerst gering. Daher werden die Leitartikel des Blatts in der Regel auch von anderen JF-Autoren geschrieben. Würden Leute wie Harzheim, Kempf oder Lührmann den Kurs der JF bestimmen, wäre die Zeitung wohl keine rechte Zeitung mehr. Tatsächlich lassen sich die dokumentierten Aussagen der drei Autoren schwerlich als "rechts" bezeichnen. Selbst das zum Ausdruck kommende ökologische Bewusstsein ist eher der linken Seite des politischen Spektrums zuzuordnen.
Aufklärerisches im Stil Karl Poppers
Würde der Aufklärer Karl Popper noch leben, hätte er wohl an so mancher Überlegung der drei Autoren seine Freude gehabt (Kritischer Rationalismus, Wahrnehmung der Überbevölkerung als globales Problem, Einsatz für eine offene Gesellschaft). Gleichwohl hat es etwas von einem Kampf auf einem verlorenem Posten, wenn die drei Autoren im JF-Milieu mit aufklärerischen Ideen reüssieren wollen. So gewinnt man bei der Lektüre der JF doch zumeist den Eindruck, dass es das vorrangige Ziel des Blatts ist, durch destruktive Mythen desintegrierend wirken zu wollen. Meines Erachtens orientiert sich die JF vor allem an einer pathologisch anmutenden Sichtweise, die man im mahnenden Gedenken an Popper auch in der Formel "Das ausgebeutete Deutschland und seine Feinde" zusammenfassen kann.
Bleibt die Frage, warum die drei Autoren für die JF schreiben. Da die führenden Kräfte der JF gerne ihre angebliche antitotalitäre Ausrichtung betonen, könnte es zumindest sein, dass die drei Autoren annehmen, in dieser vermeintlichen Ausrichtung eine verbindende weltanschauliche Basis zu haben. Der antitotalitäre Konsens der JF ist freilich eine Chimäre, denn maßgebliche Kräfte des Blatts zerstören diesen trügerischen Konsens regelmäßig: Sie verherrlichen die Wehrmacht, die ja bekanntlich das zentrale Machtinstrument des totalitären NS-Staats war.
Natürlich ist es auch möglich, dass die drei Autoren schlichtweg aus Pragmatismus für das Blatt schreiben. Mit anderen Worten: Weil sie - aus welchen Gründen auch immer - die Möglichkeit haben, dort zu veröffentlichen, veröffentlichen sie eben dort.
Selbstverständlich kann man es kritisieren, dass die drei Autoren ihren Intellekt an die JF und ihr Umfeld verschwenden. Andererseits kann man dem Treiben der drei Autoren vielleicht auch etwas Positives abgewinnen. Denn zumindest erinnern sie jeden JF-Kritiker daran, dass man mitunter selbst in der Wüste einen Schluck Wasser finden kann, wenn man nur lange genug danach sucht.