Gummersbacher Tagung
Aus InRuR
Bund Freiheit der Wissenschaft 19.03. 2006
„Das Beispiel von Henry Louis Mencken und die journalistische Praxis“
Als ein nachahmenswertes Beispiel für einen freien, unabhängigen Geist stellte Lorenz Jäger (Frankfurt)
den amerikanischen Journalisten und Publizisten Henry Louis Mencken (1880-1956) vor,
eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die wortgewaltig und politisch unkorrekt alles aufspießte,
was von der amerikanischen Political Correctness im Zeichen des Puritanismus als schutzwürdig deklariert worden war (z. B. im „Demokratenspiegel“).
Im Deutschland der Gegenwart betreffen die eigentlichen Correctness-Debatten nach Jägers Darstellung die multikulturelle Gesellschaft.
Jäger stellte ausführlich zwei Tabubrecher vor, die zu diesem Thema frühzeitig auf unorthodoxe Weise Stellung bezogen,
den Briten Enoch Powell und den Franzosen Jean Raspail.
Es herrschen Schweigespiralen (Noelle-Neumann), die Minderheitsmeinungen zur Meinung der Mehrheit befördern.
Ein Kampagnen- und Tugendjournalismus stellt Sachverhalte in einen verkitschten Zusammenhang, um so ihre sachliche Diskussion zu tabuisieren.
Demokratie hat geradezu den Charakter einer fundamentalistischen Utopie angenommen:
Alle Menschen sollen in schlechthin allem gleich sein, die Benennung von Ungleichheiten gilt als Tabubruch.
Man kämpft um die Meinungsfreiheit, allerdings lieber für Pakistan als für Deutschland,
wie das Beispiel der (inzwischen aufgrund von Protesten zurückgenommenen) Ausladung der „Jungen Freiheit“ von der Leipziger Buchmesse zeigt.
„Jedoch scheint es im Moment, als seien die Tabus, mit denen unsere Gesellschaft in den vergangenen Jahren leben mußte, am Abschmelzen.“
Der internationale Streit über die Mohammed-Karikaturen und der türkische Film "Tal der Wölfe" haben dazu geführt,
daß man in der Presse über vieles redet, was lange durch politische Rücksichtnahmen geschützt war.
Samuel Huntingtons Formel vom "Kampf der Kulturen", noch vor kurzem als Ausgeburt eines hoffnungslos reaktionären Denkens belächelt,
hat den Weg in die Leitartikel der großen Zeitungen gefunden.
Dennoch ist die Integrationsdebatte immer noch von dem Aberglauben bestimmt, daß derjenige gut ist,
der an ein gutes Gelingen noch der illusorischsten Ideen des Multikulturalismus glaubt.