Rechtslastige Poesie-Fans
Aus InRuR
Rechtslastige Poesie-Fans
Von Julian Feldmann
28.04.2017
Der ultrarechte „Arbeitskreis für deutsche Dichtung“ trifft sich am Wochenende in Duderstadt bei Göttingen zu seiner Jahrestagung.
Prominentes Mitglied, der rechtsextreme Düsseldorfer Rechtsanwalt Björn Clemens; Photo (Archiv): Julian Feldmann
Aus dem Geiste der Jugendbewegung“ heraus war der „Arbeitskreis für deutsche Dichtung“ (AfdD) 1957 gegründet worden.
Initiator Walther Jantzen war 1948 bis 1954 als Burgwart auf der Jugendburg Ludwigstein in Nordhessen.
Schon während des Nationalsozialismus
hatte Jantzen die Propagandaschrift „Die Juden“ verfasst,
die von einer „Antisemitischen Aktion“ herausgegeben wurde.
„Ehrenvorsitzender auf Lebenszeit“ des AfdD
war Moritz Jahn aus Göttingen,
der 1941 als Teilnehmer am nationalsozialistischen „Europäischen Dichtertreffen“ eine Rede gehalten hatte.
Zum 125. Geburtstag des NS-Dichters Hans Grimm („Volk ohne Raum“)
gab der AfdD zusammen mit dem extrem rechten Klosterhaus-Verlag eine Broschüre heraus.
Unter den Referenten des „Arbeitskreises“
finden sich aber immer wieder Rechtsextremisten und Rassisten.
So traten bereits der österreichische Rechtsextremist Walter Marinovic
und mit Hartmut Fröschle der Vorsitzende
des rechten Apartheids-Vereins „Hilfskomitee südliches Afrika“ beim AfdD auf.
Mitglied ist der Rechtsanwalt Björn Clemens aus Düsseldorf,
der in der rechtsextremen Szene aktiv ist.
Zu sehen ist Clemens, der im Vorstand der größten rechtsextremen Kulturvereinigung,
der „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP) sitzt,
auf einem Gruppenfoto des Dichter-Vereins aus dem vergangenen Jahr.
Bekannter Kopf der Neuen Rechten als Vortragsredner
Der AfdD sei „keineswegs allein aufgrund seiner personellen und institutionellen Vernetzungen
im Lager der radikalen Rechten zu verorten“,
schreibt der Literaturwissenschaftler Malte Lorenzen
im Jahrbuch „Jugendbewegung und Jugendkulturen“ 2016.
Entscheidend seien vielmehr „die völkische Ideologie,
der Geschichtsrevisionismus
und die antimoderne Kulturkritik,
die im Rahmen der scheinbar unpolitischen Beschäftigung
mit Literatur wiederholt propagiert“ werde.
Lorenzen verortet den Verein „im politischen Spektrum zwischen Rechtskonservativismus und Rechtsextremismus“.
Bei der diesjährigen Jahrestagung der Kulturgemeinschaft,
die vom heutigen Freitag bis Sonntag im südniedersächsischen Duderstadt abgehalten werden soll,
stehen zahlreiche Vorträge und Lesungen auf dem Programm.
Demnach werden der Dichter Rolf Schilling
und weitere eher unbekannte Schriftsteller auftreten.
Mit dem österreichischen Publizisten Martin Lichtmesz
wird auch ein bekannter Kopf der Neuen Rechten als Vortragsredner
zum Thema „Der Glaube als Fundament für Dichtung und Volksgeist“ angekündigt.
Über „Faust und die letzten Menschen –
Skizze eines dystopischen Romans“
referiert der rechtslastige Schriftsteller Baal Müller
und mit Johann Felix Baldig
steht auch ein Autor des rechtspopulistischen „Compact“-Magazins auf der Rednerliste.
Als Tagungsort dient den rechten Poesie-Fans
das „Jugendgästehaus“ des Verbandes „Deutsche Jugend in Europa“.
Angeführt wird der „Arbeitskreis“ seit drei Jahren von Uwe Lammla.
Der 56-Jährige versucht den Kulturverein zu verjüngen
und hat damit nach eigenen Angaben Erfolg.
Obwohl bereits mehrfach schon die Auflösung des Vereins
bei den Mitgliederversammlungen verhandelt wurden,
existiert der „Arbeitskreis“ noch immer.
Auf seiner Internetseite schreibt Lammla,
es sei „möglich und geboten,
Hitler von rechts zu kritisieren“.
Im thüringischen Neustadt an der Orla betreibt er den Arnshaugk-Verlag.
Zehnbändiges Werk von Hans-Dietrich Sander im Arnshaugk-Verlag
Zu den Autoren in Lammlas Verlag
zählen etwa Baal Müller,
der für die rechtsextreme Zeitschrift „Zuerst!“ zur Feder greift
und selbst den Telesma-Verlag betreibt.
Müller stand schon dem NPD-nahen „Bildungswerk für Heimat und nationale Identität“
zur Verfügung und war bei der verfassungsfeindlichen GfP für ein Referat angekündigt.
Mit dem im Januar verstorbenen Hans-Dietrich Sander
konnte Lammla einen der wichtigsten Vordenker und Staatstheoretiker
der rechtsextremen Szene für seinen Verlag gewinnen.
Der „Arnshaugk-Verlag“ legt ein zehn Bände umfassendes Werk Sanders auf.
Auch der zweite Vorsitzende des AfdD,
der Publizist Sebastian Hennig aus Radebeul bei Dresden,
veröffentlichte bereits im Arnshaugk-Verlag.
Auf Initiative des Thüringer Landesverbands
des Freien Deutschen Autorenverbandes
gibt Lammlas Verlag „Das Lindenblatt“ heraus,
eine „Jahresschrift für Schöne Literatur“.
Zur 2016er-Ausgabe durfte auch der Düsseldorfer Björn Clemens
einen Essay mit dem Titel „In Liebe zu Volk und Heimat“ beisteuern.
Zum Vorstand des AfdD gehörte lange Zeit
auch der im März verstorbene Archäologe Wolf-Dieter Tempel
aus dem niedersächsischen Hemsbünde (Kreis Rotenburg/Wümme).
Tempel schrieb für das Vereinsblatt
des ultrarechten „Bundes Deutscher Unitarier“
und die völkische Zeitschrift „Mensch und Maß“.