Die Freiheit der Wissenschaft und ihre 'Feinde'

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anti-emanzipatorisches, weitgehendes braunes Buch mit ein paar als links geltenden Autoren

der Versuch eines Querfront Produkts

das Buch steht anscheinend in der Tradition
des Bund Freiheit der Wissenschaft und der Notgemeinschaft für eine freie Universität

Herausgeber und Verleger ist Wilhelm Hopf
das Buch ist in seinem Lit Verlag erschienen

Inhaltsverzeichnis und Vorwort

Copie

die im Orginal in Großschrift gehaltenen Nachnamen wurden von uns in Normalschrift geändert

Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bernhard Kempen 1

Wissenschaftsfreiheit: 13 Thesen zur Klarstellung . . . . . .
Friedhelm Hufen 3

Meinungsfreiheit verteidigen. Einleitung . . . . . . . . . . .
Wilhelm Hopf 7

Teil I
„Die Unterdrückung der geistigen Freiheit bedeutet den Tod der Wissenschaft“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Franz Boas

Auf den Punkt gebracht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Michael Ignatieff

Auf dem Campus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Timothy Garton Ash

„Der liberale Professor“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Norbert Elias

„Das Paradox der Toleranz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Karl Popper

Mit zweierlei Maß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Eckhard Jesse

Politischer Moralismus – was ist das? . . . . . . . . . . . . . 52
Hermann Lübbe

Teil II
„Die Deutsche Revolution“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Götz Aly

„Auf der Parteihochschule“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Wolfgang Leonhard

„Dem Begriff der Diskussion widersprechend“ . . . . . . . . 59
Theodor W. Adorno

„Adorno ruft die Polizei“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Wolfgang Kraushaar

USA
The Russell Case:
Academic Freedom vs. Public Hysteria . . . . . . . . . . . . 61
Free speech experts discuss open expression on campus . . . . . . . . . . . . . . 63
Jasmine Demers

Warum für das Rederecht gestritten wird . . . . . . . . . . . 66
Malte Lehming

Even Ann Coulter deserves free speech . . . . . . . . . . . . 70
Marc Randazza

GROSSBRITANNIEN
Sicher ist sicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
Cathrin Kahlweit

Don’t feel guilty about our colonial history . . . . . . . . . . 79
Nigel Biggar

Academic freedom is now being betrayed
by academics. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Geoffrey Alderman

Linke Selbstjustiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Jan Fleischhauer

BREMEN
Der Gewalt weichen – der Umgang mit den Feinden der offenen Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Stefan Luft

Topfdeckel statt Diskussion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Cornelia Schmalz-Jacobsen

Uni Bremen kritisiert Störer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
Paul Hellmich

Stellungnahme der Universität Bremen gegenüber L IT Verlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Keine Uni dem Rassismus! Rechtsradikalen das Podium nehmen! . . . . . . . . . . . . . 96
Stellungnahme Universität Bremen zum verhinderten Vortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
Wie der AStA-Bock zum Gärtner gemacht wird. Über den Fall Baberowski . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
Ralf Altenhof

BERLIN
Unser Professor, der Rassist . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
Friederike Haupt

FRIV-Stellungnahme gegen rechte Positionen in der Lehre . 109
Humboldt-Universität zu Berlin spricht sich für respektvollen Umgang aus und verurteilt Angriffe auf Lehrende scharf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
“Wir können uns nicht weiter wegducken“ . . . . . . . . . . 113
Sabine Kunst

Die Linke macht den Menschen wieder zum Gefangenen seines Stands. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
Jörg Baberoski

Stellungnahme der Humboldt-Universität zu Berlin zum Urteil des Landgerichts Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Studenten bloggen gegen berühmten Politik-Professor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
Kristin Haug
„Ein Sexist und Imperialist“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Herfried Münkler
Eisberg in der Wohlfühlzone . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
Gerald Wagner

Stellungnahme Fachschaftsrat Sozialwissenschaften HU Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
Eine Antwort auf die Stellungnahme der Fachschaft . . . . . 147
Ruud Koopmans

WIEN
Uni Wien: Professor lädt Norbert Hofer nach Protesten aus . 153
Sebastian Fellner

Der Bocksgesang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
Roland Girtler

Stellungnahme der Universität Wien gegenüber L IT Verlag . 164
KLAGENFURT
Die offene Gesellschaft und ihre Feinde . . . . . . . . . . . . 166
Oliver Vitouch
Freisprüche im Prozess gegen «Identitäre Bewegung» in Österreich . . . . . . . . . . . . . 171
dpa
VECHTA
Vechtaer Ringvorlesung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Lars Chowanietz

Am Geldhahn drehen: Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit an der Universität Vechta. . . . . . . . 174

Wilfried Kürschner , Joachim Kuropka, Hermann von Laer

Stellungnahme Universität Vechta . . . . . . . . . . . . . . . 185

Burghart Schmidt
Stellungnahme zur Stellungnahme von Universitätspräsident Schmidt . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
Wilfried Kürschner , Joachim Kuropka, Hermann von Laer

SIEGEN
Denken oder denken lassen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
Mohamed Amjahid

WDR-Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
Der neue Tugendterror . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Thilo Sarrazin

Von der Free Speech zur Hate Speech – auch eine Dialektik der Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Marc Jongen

Der Schutz der Freiheit. Gegen die Logophobie . . . . . . . 219
Dieter Schönecker

Offizielle Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
AStA der Universität Siegen
Stellungnahme Universität Siegen . . . . . . . . . . . . . . . 232
Charta der Vielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
Wer darf hier was sagen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
Maria-Sibylla Lotter

Soll man mit Rechten reden?: Man muss es tun. . . . . . . . 242
Jan Feddersen

Meinungsfreiheit war nie gefährdet . . . . . . . . . . . . . . 247
Micha Brumlik
Offener Brief an Rektor Burckhart . . . . . . . . . . . . . . . 249
Stellungnahme am Lehrstuhl für Praktische Philosophie Beschäftigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
Unterscheiden ohne zu trennen! . . . . . . . . . . . . . . . . 253
Gregor Nickel

Ohne Titel (Sie versprachen uns freie Rede) . . . . . . . . . 259
Erhard Schüttpelz

TRIER
Kampf der Geschlechter: Wegen dieser Vorlesung entließ die Trierer Universität den israelischen Militärhistoriker Martin van Creveld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
Martin van Creveld

Uni Trier brüskiert renommierten Kriegsforscher. . . . . . . 265
Markus Böhm

Stellungnahme des HKFZ zum Ende der Gastprofessur von Prof. Martin van Creveld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
Historisch-Kulturwissenschaftliches Forschungszentrum Auflösung vereinbart.
Stellungnahme des Präsidenten der Universität Trier zum Fellow-Vertrag mit Prof. Martin van Creveld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
Michael Jäckel

Offener Brief an die Verantwortlichen der Aufkündigung der Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Martin van Creveld an der Universität Trier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
Martin Wagner

Offener Brief zu Martin van Creveld. . . . . . . . . . . . . . 275
Studentische Hochschulgruppen Back to Trier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
Martin Van Creveld

MAINZ Stellungnahme des Präsidenten der Johannes Gutenberg- Universität Mainz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
Georg Krausch

Mainzer Narreteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
Werner J. Patzelt

Quellennachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
Über die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307

Vorwort
Bernhard Kempen
Universitäten sind Stätten der geistigen Auseinandersetzung.
Die Suche nach Wahrheit und Erkenntnis lebt vom leidenschaftlichen,
heftigen und kontroversen Ringen um Thesen, Fakten, Argumente und Beweise.
Obwohl dies zu den konstitutiven Grundsätzen der Universitäten gehört
und von nahezu allen Wissenschaftlern geteilt wird,
steht es um die Debatten- und Streitkultur an den deutschen Universitäten nicht überall zum Besten.
Die Sensibilitätsschwelle für andere Meinungen scheint erheblich gesunken zu sein.
Die insbesondere im anglo-amerikanischen Hochschulraum zu beobachtende Entwicklung,
niemandem eine Ansicht zumuten zu dürfen, die als unangemessen empfunden werden könnte, verbreitet sich auch in Deutschland.
Im Streben nach Rücksichtnahme auf weniger privilegiert scheinende gesellschaftliche Gruppierungen
fordern einige Akteure lautstark das strikte Einhalten von „Political Correctness“.
Problematisch ist dabei, dass viele meinen, die Definitionsgewalt darüber zu besitzen,
was nicht mehr zumutbar, was unangemessen, was Grenzüberschreitung ist.
Dadurch hat sich das politische Diskussionsklima in Deutschland verändert.
Das Erregungspotenzial ist mit dem Erstarken politischer Ränder deutlich gewachsen.
Oft reichen Banalitäten aus, um eine Riesenwelle der Empörung zu entfachen.
Von dieser neuen Entwicklung konnten sich bedauerlicherweise die Universitäten nicht ganz frei machen.
Deshalb herrscht auch hier zuweilen eine sensibilitätsgesteuerte Auseinandersetzung vor, die geistige Substanz verloren gehen lässt.
So fühlen sich einige Studenten schon verletzt,
wenn an einer Universität ein Professor oder eine öffentliche Person mit Thesen auftritt,
die der eigenen politischen Auffassung zuwiderlaufen. Fakten und Lehrmeinungen zu diskreditieren,
weil sie nicht den eigenen Überzeugungen entsprechen, rührt aber an der Substanz der Institution Universität.
Der vorliegende Band legt hiervon ein beredtes Zeugnis ab.
Universitäten müssen Orte des freien und offenen Diskurses bleiben.
Sie müssen dafür sorgen, dass jedermann seine Forschungsergebnisse, Thesen, Argumente und Ansichten ohne Angst zur Diskussion stellen kann.
Das Grundgesetz bindet die Freiheit der Lehre lediglich an die Treue zur Verfassung.
Darüber hinausgehende Denk- oder Sprechverbote kennt es nicht.
Wohlfühloasen, in denen Studenten vor unliebsamen oder unbequemen Inhalten verschont werden, darf es an der Alma Mater nicht geben.
Wer den Campus betritt, muss bereit sein, mit Vorstellungen konfrontiert zu werden, die dem eigenen Weltbild widersprechen.
Möglicherweise ist genau das die Pflicht der Universitäten: unkonventionellen, unbequemen, unliebsamen Meinungen ein Forum zu bieten.
Sie haben in der Gesellschaft nirgendwo einen besseren Platz. Konkurrierende Meinungen müssen respektiert und ausgehalten werden.
Dort, wo Differenzen zu Andersdenkenden bestehen, sind sie im argumentativen Streit auszutragen.
Die Antwort auf die einseitige, pointierte, vielleicht auch verzerrende Rede
ist nicht der Debattenausschluss, sondern die Sachauseinandersetzung durch eine angemessene Replik.
Universitäten haben die wichtige Funktion, Debatten vorzuformen,
ihnen eine Struktur zu geben und das Wichtige vom Unwichtigen zu scheiden.
Diese wichtige Aufgabe können sie nur erfüllen, wenn sie nicht jenen Minderheiten nachgeben, die am lautesten schreien oder sogar Gewalt anwenden.
Staat und Universitäten müssen sich schützend vor angegriffene Wissenschaftler stellen, egal, wo sie politisch oder wissenschaftlich stehen.
Wie die in den Beiträgen dieses Bandes aufgelisteten Beispiele zeigen,
müssen sich die Universitäten fortlaufend ihrer Debatten- und Streitkultur vergewissern.
Für die Freiheit von Forschung und Lehre muss täglich neu eingetreten und gekämpft werden.
Sowohl der Staat als auch jeder einzelne Wissenschaftler stehen hier in einer besonderen Pflicht.
Univ.-Professor Dr. Bernhard Kempen, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes

Wissenschaftsfreiheit: 13 Thesen zur Klarstellung
Political correctness“ und Neutralitätsgebot als Schranken wissenschaftlicher Lehre?
Friedhelm Hufen

I. Sachverhalt und Problemstellung
1. Weltweit häufen sich derzeit Auseinandersetzungen um exponierte Positionen
in der akademischen Lehre und Vorwürfe politisch nicht korrekter oder unausgewogener Inhalte.
Auch in Deutschland geraten Hochschullehrer und Gastredner in das Zentrum solcher Kontroversen.
Hochschulleitungen sind bemüht, Einfluss auf solche Veranstaltungen zu gewinnen.
Dabei geht es nicht nur um direkte Eingriffe, sondern auch um den Entzug von Mitteln und Räumen,
die Verhinderung von Publikationen in Hochschulreihen sowie distanzierende Stellungnahmen.
2. Solche Maßnahmen werfen gravierende verfassungsrechtliche Probleme auf.
Insbesondere ist zu fragen, ob und welche Äußerungen in den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit fallen,
wann ein Eingriff vorliegt und unter welchen Voraussetzungen Eingriffe gerechtfertigt sind.
II. Der Schutzbereich der Lehrfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG)
3. Kern der Wissenschaftsfreiheit ist die Eigengesetzlichkeit von Forschung und Lehre
oder – in der durchaus geglückten Formulierung der zuständigen Richterin des Bundesverfassungsgerichts
1 – das „ergebnisoffene Abenteuer Wissenschaft“. Art und Anlass, Wert und Unwert,
Praxisnähe und Praxisferne sind für die grundsätzliche Geltung der Wissenschaftsfreiheit belanglos.
Freiheit und Verantwortung der Wissenschaft sind kein Gegensatz, sondern bedingen einander.
1
S. Baer: Wissenschaftsfreiheit als verteilte Verantwortung. Die grundgesetzliche Perspektive, Forschung und Lehre 2017, 214 3 Friedhelm Hufen
4. Die Freiheit wissenschaftlicher Lehre ist Bestandteil und zugleich Kern der Wissenschaftsfreiheit.
Zur gewährleisteten Freiheit gehört neben der Wahl der Themen, Inhalte und Methoden
auch die Einbeziehung der Forschungsergebnisse und Meinungen Dritter einschließlich der Einladung von Gastrednern.
Soweit Letztere nicht selbst Träger der Wissenschaftsfreiheit sind, gilt für sie die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs.1 Satz 1 1. Alt. GG),
ggf. auch die Religionsfreiheit (Art. 4 GG), bzw. die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 1. Alt. GG).
5. Die Wissenschaftsfreiheit ist nicht nur ein Abwehrrecht gegen staatliche Maßnahmen,
sie enthält auch eine objektive Schutzpflicht von Staat und Hochschule,
das Recht auf Bereitstellung wissenschaftsgerechter Verfahren und Organisationsstrukturen
und die Teilhabe an der Ausstattung und Förderung durch die Hochschule – und zwar unabhängig von der jeweils vertretenen Position.
Zu beachten ist ferner die Fürsorgepflicht des Dienstherrn und der Hochschule
und damit der Schutz vor unberechtigten Angriffen Dritter wie „shitstorms“, „flashmobs“ und alle Formen des Prangers.

III. Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit
6. Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit sind nicht nur Forschungs-, Publikations- und Lehrverbote,
sondern auch die unzureichende Erfüllung der Schutzpflicht und die gezielte Vorenthaltung von Sach- und Personalmitteln.
Ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit ist auch jede Form der Vorabkontrolle der Lehre und von Veröffentlichungen und Dokumentationen.
Diese darf nicht mit legitimen Formen wissenschaftsinterner Bewertung (peer-review, ranking usw.) verwechselt werden.
7. Im Hinblick auf die förmliche Distanzierung von Inhalten der Lehre oder auch Gastbeiträgen ist zu differenzieren:
Kein Eingriff sind die innerwissenschaftliche Kritik und die sachliche Auseinandersetzung durch Kollegen,
wissenschaftsgeleitete Gremien und Kommissionen sowie andere Formen des wissenschaftlichen Diskurses.
Dagegen kann die förmliche Distanzierung durch eine nicht am eigentlichen wissenschaftlichen Diskurs beteiligte Hochschulleitung,
die Öffentlichkeitsarbeit der Hochschule oder gar des zuständigen Ministers durchaus als Eingriff gewertet werden,
wenn sie geeignet ist, die Ausübung der Wissenschaftsfreiheit zu behindern oder Angriffe von außen zu ermutigen.
IV. Schranken der Lehrfreiheit und Rechtfertigung von Eingriffen
8. Schranken der Wissenschaftsfreiheit ergeben sich nur aus Art. 5 III
S. 2 GG („Treue zur Verfassung“) und damit der freiheitlich demokratischen Grundordnung sowie gleichrangigen Verfassungsgütern,
insbesondere Grundrechten Dritter. Konflikte zwischen Grundrechtspositionen sind nach dem Grundsatz „praktischer Konkordanz“ zu lösen,
d.h. im Einzelfall sind die Belange der Wissenschaftsfreiheit einerseits und anderer Verfassungsgüter andererseits
unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips einander zuzuordnen.
Die Offenheit des wissenschaftlichen Diskurses darf dabei in keinem Fall beeinträchtigt werden.
Auch scharfe Kritik an der politischen Wirklichkeit und an Gegenpositionen ist (selbstverständlich) erlaubt,
soweit die Grundrechte Dritter, die freiheitlich demokratische Grundordnung und die zu deren Schutz ergangenen Gesetze gewahrt bleiben.
9. Keine verfassungsimmanente Schranke der Lehrfreiheit stellt
(im partiellen Gegensatz zur Schule, Rundfunk und politischer Öffentlichkeitsarbeit der Regierung)
dagegen ein wie auch immer interpretiertes Gebot der Neutralität oder Ausgewogenheit dar.
Gute Lehre ist immer wertbezogenen und damit nicht „neutral“. Ausgewogenheit ist allenfalls das Ergebnis,
nicht aber bereits die Voraussetzung des wissenschaftlichen Diskurses.
10. Die Wissenschaftsfreiheit kennt keinen Vorbehalt der politischen Korrektheit,
etwa in Bezug auf Gender, Rasse, sexuelle Präferenzen, Religion, Friedensgebot usw. Grenzen
ergeben sich erst bei der konkreten Gefahr von Straftaten (Volksverhetzung, Gotteslästerung, Verleumdung, Auschwitzlüge usw.)
und Eingriffen in die Grundrechte Dritter.
11. Im Hinblick auf den Inhalt der Lehre ist der Vorrang der dezentralen Ebene (Fachbereiche, Dekane usw.) zu beachten.
Das bedeutet, dass der zentralen Hochschulleitung keinerlei Eingriffsbefugnisse im Hinblick auf die Inhalte von Forschung und Lehre zukommen.

12. Der Zugang zu staatlichen oder Hochschulmitteln, Räumen und sonstigen Einrichtungen unterliegt dem strikten Gleichbehandlungsgebot.
Inhaltliche Zuteilungskriterien sind ausschließlich durch die zuständigen Fachbereiche, nicht aber durch die Hochschulleitung umzusetzen.
Schon gar nicht dürfen sie dazu dienen, unerwünschte Lehrmeinungen zu sanktionieren.
V. Ergebnis und Ausblick
13. Probleme von Wissenschaftsfreiheit und Verantwortung des Wissenschaftlers sind im Rahmen des Verfassungsrechts zu lösen,
aber bei Weitem nicht nur als Rechtsfragen definiert.
Letztlich kommt es auf den offenen und die Interessen und die Rechte aller Beteiligten wahrenden Diskurs innerhalb und außerhalb der Hochschule an.
Feindbilder, „Echoblasen“, Verschwörungstheorien und Dammbruchfantasien erschweren diesen Diskurs.
Sie dürfen bei der rechtlichen Beurteilung keine Rolle spielen und sind einer im besten Sinne verantwortlichen „scientific community“ nicht würdig.
Univ.-Professor Dr. Friedhelm Hufen, em. o. Professor für öffentliches Recht-, Staats- und Verwaltungsrecht
an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Mitglied des Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz a.D.

Meinungsfreiheit verteidigen
Einleitung
Wilhelm Hopf
„Once upon a time we had political, historical and scientific debates.
Those with alternative views were seen as intellectual opponents to be argued with and defeated.
Today anybody questioning the dominant views on emotive subjects risks being accused of ‘denial’.
And those branded as ‘deniers’, accused of deliberately corrupting incontrovertible truths,
have to be shut up or even locked up, not debated with.“ 1
(Mick Hume, britischer Marxist) I.
Once upon a time erschien es angebracht, ein Buch zur Frage der Wissenschaftsfreiheit in Angriff zu nehmen,
da mehrere Autoren des Lit Verlags betroffen waren.
2 Es sollte eine Dokumentation werden, die die Betroffenen, also die Wissenschaftler,
die Universität und die störenden Akteure zu Wort kommen lassen sollte.
Dies, so dachten wir, könnte nicht allzu schwierig sein. Das Gegenteil war der Fall.
Überraschenderweise hielten zahlreiche von Störungen Betroffene es nicht für ratsam, ihren Fall zu dokumentieren bzw. dokumentieren zu lassen.
Die nächste Hürde bestand in der, formulieren wir es so, Zurückhaltung der Universitäten, zu den Fällen Stellung zu nehmen.
1
2
Mick Hume: Trigger Warning. Is the fear of being offensive killing free speech?
London 2015, S. 106; jüngst Niall Ferguson: https://www.nzz.ch/feuilleton/niall-ferguson-als-rechter-bist-du-ein-potenzieller-nazi-sozialisten-und-kommunisten-hingegen-sind-moralisch-einwandfreie-sozialdemokraten-ld.1467954
Jüngst auf sonderbare Weise unser Herausgeber Prof. Egbert Jahn
https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/dozent-egbert-jahn-beschuldigt-goethe-universitaet-16109391.html
7Wilhelm Hopf

Doch auch die Akteure waren zumeist nicht eben darauf erpicht, ihre Aktionen, dies hätte man annehmen können, offen zu verteidigen.
Da kann sich ein Akteur nicht erinnern, es ist ja auch so lange her, da weigert sich eine Professorin, einen Protestbrief,
in dem sie sich vehement beklagt, wie man einen so schrecklichen Professor sprechen lassen konnte,
eben dieses Schreiben zu veröffentlichen und auch die Identitären wollen lieber schweigen.
Herfried Münkler bemerkt zu dem Phänomen: „Der Unterschied zwischen 1968 und heute besteht darin,
dass die Achtundsechziger-Studenten um jeden Preis diskutieren wollten [ . . . ].
Heute schlagen die radikalen Studenten aus der Anonymität des Internets zu.
Sie versuchen, Reputationen zu zerstören, Leute mundtot zu machen – und sie verweigern sich jeder Diskussion.“
3 An deutschen Hochschulen scheint man den herrschaftsfreien Diskurs nicht gerade zu pflegen (S. 103).
Es ist wenig von dem zu spüren, was Kant in seiner Schrift „Was ist Aufklärung?“ formuliert bzw. gefordert hat:
„Zu dieser Aufklärung aber wird nichts erfordert als Freiheit; und zwar die unschädlichste unter allem,
was nur Freiheit heißen mag, nämlich die: von seiner Vernunft in allen Stücken öffentlichen Gebrauch zu machen.
Nun höre ich aber von allen Seiten rufen: räsonniert nicht![ . . . ]
Ich antworte: der öffentliche Gebrauch seiner Vernunft muß jederzeit frei sein, und der allein kann Aufklärung unter Menschen zustande bringen; [ . . . ].“ 4
In Deutschland ist der beamtete Wissenschaftler dem Mäßigkeitsgebot verpflichtet.
Klaus Gärditz erläutert dazu: „Die gesellschaftliche Rolle einer freien Wissenschaft erschöpft sich nicht darin,
Triebfeder der Erkenntnis zu sein, sondern war und ist in bester Gelehrtentradition
immer auch kritische Gegenöffentlichkeit, die sich gerade dann widerspenstig zeigen darf,
wenn Konformitätsdruck gesellschaftliche Offenheit zu lähmen droht.
Das Mäßigungsgebot hat daher für politische Meinungsäußerungen von Professorinnen und Professoren, die nicht für ihre Institution, sondern für sich selbst sprechen, nur begrenzte Relevanz.“ 5
3
4
https://www.welt.de/politik/deutschland/plus189723151/Universitaeten-Wenn-Studenten-zu-Meinungsdiktatoren-werden.html
Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? Kapitel 1, zitiert nach http://gutenberg.spiegel.de/buch/-3505/1


So wurde aus der geplanten, möglichst umfangreichen Dokumentation nur eine Darstellung einiger exemplarischer Fälle.
Umso mehr ist allen Beiträgern zu danken.
Mein besonderer Dank gilt Professor Kempen, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes.
Er hat sich sofort bereit erklärt, ein Vorwort zu verfassen.
Ebenso gilt mein Dank Professor Hufen, Mitglied des Verfassungsgerichtshofs Rheinland Pfalz a.D.,
für seine vorangestellten 13 Thesen so-wie den Präsidenten: Prof. Michael Jäckel (Univ. Trier),
Prof. Georg Krausch (Univ. Mainz), Prof. Sabine Kunst (Univ. Berlin), Prof. Burghart Schmidt (Univ. Vechta)
und Prof. Oliver Vitouch (Univ. Klagenfurt) für ihre persönliche Stellungnahmen.
Anfang 2017 machte ich mich daran, eine Einleitung zu formulieren,
sie begann wie folgt: Die Oscarverleihung 2017 erfreute sich nicht zuletzt in Deutschland hoher Aufmerksamkeit, dank – Trump!
Die ablehnende Haltung gegen den Präsidenten wurde unter anderem durch kleine blaue Schleifen zum Ausdruck gebracht.
Auf diesen waren die Buchstaben ACLU zu erkennen: American Civil Liberties Union,
die unter anderem Klagen gegen Trumps Einreiseverbote auf den Weg gebracht hat.
Wenig wurde über die Grundsätze der ACLU, zu deren Hauptanliegen auch der Schutz der Meinungsfreiheit zählt, berichtet.
Die Meinungsfreiheit, dies fordert die Verfassung, gilt für jedermann.
Da würde auch hierzulande niemand widersprechen – solange man es allgemein formuliert.
Die ACLU nimmt die Forderung jedoch ernst.
Sie verteidigte auch die Meinungsfreiheit amerikanischer Nazis und Ku-Klux-Klan-Mitglieder.
Es ist überflüssig zu betonen, dass es um derartige Positionen nicht geht.
Als Beispiel seien Auseinandersetzungen an der Universität Berkeley genannt.
Hier wurden Veranstaltungen verhindert, unter anderem die einer Journalistin,
die als Provokateurin und begeisterte Trump-Unterstützerin bekannt ist.
Der bekannte First-Amendment-Anwalt Marc Klaus Gärditz:
Wieviel Freiheit darf sich ein Wissenschaftler nehmen? Forschung & Lehre Ausgabe 2/18
Randazza trat für sie ein, für das Recht auf Meinungsfreiheit:
„Dear Berkeley: Even Ann Coulter deserves free speech“ (S. 70).
Zahlreiche Personen setzten sich für ihr Rederecht ein,
nicht zuletzt der in Deutschland allseits geschätzte Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur
der Demokraten, Bernie Sanders, der darin nichts anderes sah als ein „sign of intellectual weakness“
und dazu aufforderte, die intellektuelle Auseinandersetzung zu suchen: „What are you afraid of – her ideas?
Ask her the hard questions“. Die Position der ACLU wird vehement von Noam Chomsky vertreten.
Chomsky darf man wohl als den bekanntesten „linken“ Intellektuellen weltweit bezeichnen.
6 Nicht zufällig hat er formuliert: „Goebbels was in favor of free speech for views he liked. So was Stalin.
If you’re in favor of free speech, then you’re in favor of freedom of speech for precisely the views you despise.
Otherwise, you’re not in favor of free speech.“
7 Diese Formulierung erinnert an die bekannte Äußerung von Rosa Luxemburg:
„Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden.“
Gregor Gysi hat in einem Interview anlässlich des Gedenkens an die Ermordung Rosa Luxemburgs vor 100 Jahren
nachdrücklich für eine wörtliche Interpretation des Satzes geworben,
als in einem Interview ebendies hinterfragt wurde.
Es ist allerdings nicht bekannt, dass dieser Satz, etwa von der Linken, auch praktisch umgesetzt wird.
Dies dürfte nicht zufällig sein, beruht er wohl auf einem Missverständnis. 8
Luxemburg trat für die „Diktatur des Proletariats“ ein.
Die Meinungsfreiheit sollte sich nur auf ein bestimmtes Spektrum beziehen.
Eine Position, die auch heute, wie dieser Band zeigt, aktuell ist.
Man vertritt damit eine Tradition, die durchaus auch eine der Aufklärung ist, die Tradition der „guten Zensur“.
9 6 7 8 9 Noam Chomsky im Gespräch mit Emran Feroz: Kampf oder Untergang!
Warum wir gegen die Herren der Menschheit aufstehen müssen. Frankfurt 2018
https://www.youtube.com/watch?v=4-oV42OMQoE und https://www.quotes.net/mquote/59363
Eckhard Jesse: Diktaturen in Deutschland. Diagnosen und Analysen. Baden-Baden 2008, S. 76f.
„Einen solchen beschritt zum Beispiel auch der ökonomische Reformer Johann Heinrich Gottlob Justi im 18. Jahrhundert.
Er wollte staatliche Wohlfahrt und Glückseligkeit erreichen und benötigte dazu – bei allem Aufklärungsstreben,
bei allem Anspruch auf geistige Freiheit – die Zensur. In seinen Grundsätzen der Policey- 10