Guido Knopps Helfer
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Klerikalfaschismus, Salonfaschismus
VPM (Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis)
2000
"Jungle World" 12.04.2000
Von Stefan Wirner
Rechte Verbingungen eines ZDF-Historikers
Guido Knopps Helfer
Die Berliner Zeitung deckt die Verbindungen
des ZDF-Historikers Guido Knopp ins ultrarechte Milieu auf.
Dr. Tadeusz Guz ist schwer enttäuscht.
Er kann es nicht fassen, dass jemand solche Unwahrheiten verbreitet.
Nichts, aber auch gar nichts sei dran an den Vorwürfen.
Diese Diffamierungen seien unter allem Niveau.
Der aus Polen stammende Priester habe so etwas
»selbst unter dem schlimmen Sowjetkommunismus nicht erlebt«.
Was war geschehen?
Am 29. März berichtete die Berliner Zeitung
von der Verbindung des ZDF-Historikers Guido Knopp
zur Gustav-Siewerth-Akademie im baden württembergischen Weilheim.
Guido Knopp ist einem Millionenpublikum bekannt
durch seine historischen Features wie: »Hitlers Helfer«,
»Hitler - Eine Bilanz« oder durch das Fernsehspiel »Der Dritte Weltkrieg«,
in dem er Russland kurzerhand einen Atomkrieg beginnen ließ.
Die Berliner Zeitung entlarvte nun die Gustav-Siewerth-Akademie
als ein äußerst »fragwürdiges Umfeld« für den populären TV-Historiker:
»Denn ein Großteil des leitenden Senats, dem Knopp angehört,
steht ultrarechten, geheimbündlerischen Organisationen
wie dem Opus Dei (Werk Gottes), dem Engelswerk
und der Psychosekte VPM (Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis) nahe.«
Die Verbindungen lassen auf einen rechtsklerikalen Sumpf im Umfeld Knopps schließen.
Gründerin und Leiterin der Akademie ist die Heidegger-Schülerin Alma von Stockhausen.
Die Akademie entstand im Bestreben,
den »Neomarxismus« der Frankfurter Schule um Theodor W. Adorno und Max Horkheimer zu bekämpfen.
Zwei Mitglieder des Senats sollen mit dem Opus Dei in Verbindung stehen,
drei mit der Psychosekte VPM.
Alma von Stockhausen habe sich persönlich und öffentlich für VPM eingesetzt.
Der Rektor der Akademie, Graf Brandenstein-Zeppelin,
unterhalte Beziehung zum Engelswerk.
Das Seniorenstudium der Akademie leite der Marinerichter a.D. Hans Filbinger.
Filbinger scheint das Verbindungsglied zum Studienzentrum Weikersheim zu sein,
dem think tank der extremen Rechten in Deutschland.
Dort ist Filbinger Ehrenpräsident. Prof. Lothar Bossle von der Gustav-Siewerth-Akademie,
der bei VPM-Kongressen aufgetreten ist,
halte, laut Berliner Zeitung, Filbinger für das Opfer einer Rufmordkampagne
und Hitler für »einen Linken«.
Das Senatsmitglied der Siewerth-Akademie Leo Scheffczyk habe das Opus Dei geehrt,
einen katholischen Geheimbund,
dem Kritiker Methoden der Gehirnwäsche
und Nähe zum Nationalsozialismus und zum Franco-Faschismus vorwerfen.
Dr. Tadeusz Guz bedrücken diese Vorwürfe.
Er ist Mitarbeiter der Gustav-Siewerth-Akademie.
»Wie kann man nur so schlampig recherchieren«,
sagt er gegenüber Jungle World,
»in dieser freien Welt!«
Das sei alles sehr ungerecht und unerträglich.
Filbinger sei überhaupt nicht Leiter des Seniorenstudiums der Akademie,
nur ein Mal habe er einen Vortrag gehalten.
Und es gebe keine Verbindungen zum Opus Dei.
Nur ein Professor habe mal so eine Vorlesung gehalten.
Welcher Professor? »Ein Professor.«
Und überhaupt, Knopp bemühe sich doch, das Beste zu leisten.
Die Akademie habe schon ihre Rechtsanwälte eingeschaltet,
um die Dinge richtig zu stellen.
Alles Lüge eben. »Gottes Segen für Sie und Ihre Arbeit.«
Den Rechtsanwälten jedoch dürfte es schwer fallen, alle Vorwürfe zu entkräften.
Schließlich hat nicht einmal Guido Knopp
die Verbindungen seiner Senatskollegen zum rechtsextremen Umfeld bestritten.
Er habe von den Verbindungen gehört,
habe jedoch mit den betreffenden Leuten keinen Kontakt,
zitiert ihn die Berliner Zeitung.
Sein Wirken für die Gustav-Siewerth-Akademie
sei nur Beweis für deren Pluralismus.
Pluralismus? Stimmt: Von allen möglichen ultrarechten Organisationen
sind im Senat der Akademie offensichtlich gleich mehrere vertreten.
Die Verbindungen sind nicht von der Hand zu weisen.
Professor Bossle etwa wird einen Vortrag im Studienzentrum Weikersheim halten,
beim »8. Kaminabend« am 10. Oktober.
In selbiger Veranstaltungsreihe, am »6. Kaminabend«, wird Hans Filbinger referieren.
Sein Thema lautet: »Aus erlebter Zeitgeschichte - Die Botschaft eines christlichen Politikers«.
Ob er über seine Erlebnisse bei der von ihm angeordneten Hinrichtung
eines Deserteurs zur NS-Zeit berichten wird?
Das Bekanntwerden dieses Vorgangs
hatte 1978 zu seinem Rücktritt
vom Amt des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg geführt.
Leo Scheffczyk von der Siewerth-Akademie wiederum lobt nicht nur das Opus Dei.
Er ist auch Autor des Christiana-Verlages.
Die Hauszeitung des Verlags, Timor Domini,
offenbart die Brandbreite des rechtsklerikalen Gedankenguts:
Neben Geschichten über das »Turiner Grabtuch«,
über Marienprozessionen in Kuba
oder die »missverstandene Ökumene«
kann man darin auch Loblieder auf Ernst Jünger finden.
Mit ihm »verlor Deutschland seinen größten Schriftsteller«,
»ein vehementer Antinationalsozialist« sei er gewesen,
»ein äußerst kultivierter Mann«.
Natürlich sei er ein Ultrarechter gewesen, kein Anarchist, sondern »ein Anarch«.
Aber das nur deshalb, weil die Nazis eigentlich Linke gewesen seien.
In einem Artikel mit dem Titel »Perversion statt Aufklärung«
wird gegen eine Aids-Aufklärungsbroschüre mobil gemacht.
Und zu ihrem 70. Geburtstag wird Alma von Stockhausen geehrt.
1968 stand sie in einem »bisweilen lebensbedrohenden Kampf« gegen den »Terror der Studenten«
und gründete aus dieser Erfahrung heraus
die private Akademie als »Pflanzstätte der Wahrheit«.
Knopp hat inzwischen den Vorwurf der geistigen Nähe zu diesen Professoren und Organisationen
in einem Leserbrief an die Berliner Zeitung als »absurd« zurückgewiesen.
Er habe nichts mit »innerkatholischen Fachdebatten« zu tun.
Ihm gehe es nur um eine »Renaissance von Primärtugenden wie Ehrlichkeit und Treue, vulgo 'Moral'«.
Auf welche Art er das Comeback dieser deutschen Tugenden organisieren will,
lässt sich an seinen TV-Produktionen ablesen.
Die gegenwärtig im ZDF ausgestrahlte Serie »Hitlers Kinder«
suggeriert auf subtile Weise, dass die Deutschen die ersten Opfer Hitlers gewesen seien,
ob Soldaten oder Zivilbevölkerung: ausnahmslos Verführte.
Knopps TV-Serie »Hitlers Helfer«
war die Retourkutsche auf Daniel Goldhagens Buch »Hitlers willige Vollstrecker«.
Knopp moderierte auch die Diskusionsveranstaltung im ZDF im Rahmen der Auseinandersetzung mit Goldhagens Studie.
In der Live-Sendung wurden antisemitische Zuschaueranrufe an Goldhagen durchgestellt
mit Fragen wie: »Haben die Juden nicht selber ziemlich viel Schlimmes angerichtet?«
Das ZDF war bisher nicht zu einer offiziellen Stellungnahme
zu Knopps Verbindungen mit der Siewerth-Akademie bereit.
Man weiß wohl in der Abteilung Zeitgeschichte des Mainzer Senders,
dass man mit Knopp als zuständigem Historiker für deutsche Geschichte
den Bock zum Gärtner gemacht hat.
Wer solche Historiker hat, hat keine Probleme mehr mit der Vergangenheit.