Liberale Rechte sorgen für frischen Wind
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FDP Berlin: Der Streit unter den Hauptstadt-Liberalen ist wieder in vollem Gang /
Rechte gewinnen vor Parteigericht
Freitag, 18.05.2001
Liberale Rechte sorgen für frischen Wind
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Im Jahre 1994 sorgte ein FDP-internes Thesenpapier für bundesweites Aufsehen: die "Berliner Positionen".
Mit einem Kopfschütteln wies der damalige Landesvorsitzende Günter Rexrodt das Programm zurück.
Zum Forderungskatalog der Liberalen gehörten zum Beispiel eine verstärkte Bekämpfung der Ausländerkriminalität und ein Vorgehen gegen den Feminismus.
Als Initiatoren galten Alexander von Stahl und Rainer Zitelmann.
Einer der weniger prominenten Unterzeichner war Hans-Joachim Josewski.
Das war vor sieben Jahren.
Der nationalliberale Flügel der FDP hat seitdem einige Erfolge verzeichnen können, die aber wegen der Erfolglosigkeit der Partei wirkungslos geblieben sind.
Zwei Wahlniederlagen und die permanente Ausgrenzung durch das linksliberale Partei-Establishment haben die Stimmung der Parteirechten auf ein Minimum sinken lassen.
Austritte und der Verlust einer als nationalliberal geltenden Hochburg waren die Folge.
Josewski hat die Zeichen der Zeit erkannt und ist mit fliegenden Fahnen ins Lager der Gegner übergelaufen.
Heute ist er nicht nur Rexrodts Stellvertreter, sondern auch dessen rechte Hand im innerparteilichen "Kampf gegen Rechts".
Unter seiner Leitung wäre es Rexrodt fast gelungen, den größten rechten FDP-Bezirksverband in der Hauptstadt zu kippen.
Allerdings haben eine Reihe von Gerichtsurteilen jetzt die Rechtmäßigkeit der Vorstandswahl in der Tempelhofer FDP in Frage gestellt.
In Tempelhof ist es der Parteilinken gelungen, die jahrelange Dominanz der Nationalliberalen unter Klaus Gröbig zu brechen,
obwohl die Rechten rein rechnerisch eine hauchdünne Mehrheit besaßen.
"Nur durch massive Manipulationen", klagt ein nationalliberaler Ortsvorsitzender, "hat Josewski das entscheidende Mandat der Gegenseite zuschustern können."
Ende vorigen Jahres hat sich eine Flut von Neumitgliedern über den FDP-Bezirksverband ergossen.
Beide Parteiflügel versuchten durch Masseneintritten am Stichtag die Oberhand zu gewinnen.
Mit 240 Mitgliedern fiel der Zuwachs in einer kleinen Untergliederung fiel genauso groß aus wie der des gesamten Landesverbandes NRW!
Am Ende lagen die Rechten knapp vorn. Trotzdem soll Josewski schon damals gesagt haben, die Nationalliberalen "hätten noch mehr werben müssen, um zu gewinnen".
Anschließend nämlich begann er im Auftrag Rexrodts die Mitgliederlisten zu "säubern".
Neumitglieder bei in nationalliberalen Ortsverbänden mußten einen polizeilichen Nachweis über ihren Wohnort erbringen, während in den linksliberalen jeder bedenkenlos aufgenommen wurde.
Später mußten Neumitglieder sogar unter Vorlage ihres Ausweises bei ihm vorstellig werden.
Altmitglieder dagegen wurden ohne Mitteilung anderen Parteigliederungen zugeordnet, um die Mehrheitsverhältnisse zurechtzubiegen.
Ausländer, die von den Nationalliberalen angeworben worden waren, wurden besonders schikaniert, um sie zum Austritt zu bewegen.
"Der geht mit unseren Mitgliedern um wie mit BSE-kranken Rindern", jammert ein ehemaliges nationalliberales Bezirksvorstandsmitglied.
So liberal und weltoffen ist man in der Berliner FDP.
Ein weiteres Mitglied wurde von Rexrodt der Doppelmitgliedschaft überführt.
Wolf-Gunnar Romrod gehörte einem rechten FDP- und gleichzeitig einem CDU-Ortsverband an.
Romrod soll auch der inzwischen verbotenen Wiking Jugend angehört haben und ist heute halbtags bei einer Senatsbehörde beschäftigt.
Daher glaubt man bei den Nationalliberalen, einer von langer Hand geplanten Aktion aufgesessen zu sein.
"Wenn Romrod ein VS-Spitzel sein sollte, dann hat man uns gezielt auflaufen lassen", mutmaßt Klaus Gröbig, der abgetretene Bezirksvorsitzende.
Die Delegiertenberechnung erfolgte auf Grundlage der veränderten Mitgliederstatistik.
So kam es Ende Februar zu einer Versammlung, in deren Verlauf die Linken mit einem Vorsprung von einer Stimme eine Marionette als Vorsitzende durchsetzen konnten.
Die Nationalliberalen gingen leer aus, kündigten aber rechtliche Schritte gegen die Versammlung an.
Durch eine Reihe unlängst ergangener Urteile wurden nun fast alle strittigen Fälle von Mitgliederverschiebungen zugunsten der Nationalliberalen entschieden.
Auf einem kleinen Parteitag wurde den Tempelhofer Delegierten bereits das Stimmrecht vorenthalten.
Und es sieht so aus, als würde die Wahl mit anderen Delegierten wiederholt werden.
Das ganze ist mehr als eine Berliner Provinzposse.
Denn Tempelhof ist seit der Bezirksreform der größte Bezirk der Stadt und verfügt über ein stabiles FDP-Wählerpotential.
Wer hier den Ton angibt, hat entscheidenden Einfluß auf die Hauptstadt-FDP.
Das erklärt auch die Energie, die Rexrodt und sein Apparat in diesen Kampf investiert haben.
Der ehemalige Wirtschaftsminister ist eigentlich jemand, der sich ungern in die Niederungen der Kommunalpolitik herabläßt.
Seit er vorige Woche zum Bundesschatzmeister der Partei aufgestiegen ist, interessieren ihn Vorstandsposten in Ortsverbänden noch viel weniger.
Andererseits mußte er seine eigene Machtbasis für die Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl ausbauen.
Die Linke setzt auf den ehemaligen Landeschef Martin Matz.
Auch die Rechten favorisieren Rexrodt jetzt weniger denn je.
Am Ende könnte Günter Rexrodt nur ein Kopfschütteln ernten, wenn er die Partei um den Spitzenplatz für die Bundestagswahl bittet.
Meldungen Freitag, 05.10.2001
Presserat rügt JF
Der Beschwerdeausschuß des Deutschen Presserates in Bonn hat auf seiner jüngsten Sitzung mehrere Zeitungen und Zeitschriften gerügt,
darunter auch die JUNGE FREIHEIT.
In dem Artikel „Liberale Rechte sorgen für frischen Wind“ (JF 21/01) vom 18. Mai hatte diese Zeitung
über das FDP-Mitglied Wolf-Gunnar Romrod geschrieben,
er sei ehemaliger Angehöriger der Wiking Jugend und möglicherweise ein Spitzel des Verfassungsschutzes.
Diese Behauptungen wertete der Ausschuß als Verstoß gegen Ziffer 9 des Pressekodex
und eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts.
Ebenfalls gerügt wurden die Illustrierte Stern, die Bild-Zeitung, die Dresdner Morgenpost und Hamburger Morgenpost sowie die Zeitschrift Max. (JF)
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