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SWG "Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft"

März 2011 Hotel sagt Veranstaltung mit NPD-Anwältin ab

Hamburger Bündnis gegen Rechts

Am kommenden Montag den 28. März sollte die Hamburger NPD-Anwältin Gisa Pahl
auf Einladung der extrem rechten "Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft e.V."
in dem Hotel Baseler Hof referieren.
Nach dem das HBgR das Hotel mit einem Offenen Brief informierte,
sprach das Hotel binnen weniger Stunden den Veranstaltern die Kündigung aus.
Der politische Hintergrund von Frau Pahl und der SWG waren dem Hotel nicht bekannt gewesen.
Das HBgR begüßt diese prompte Entscheidung und hofft, dass die SWG keine anderen Räumlichkeiten finden wird.
Hotel Baseler Hof
Esplanade 11
20354 Hamburg
Tel. 040 – 359060
info@baselerhof.de

Hamburg, 23. März 2011
Betr. Veranstaltung mit NPD-Anwältin in Ihren Räumen

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie wir erfahren haben soll am 28. März 2011 in Ihren Räumen die NPD-Anwältin Gisa Pahl auf einer Veranstaltung der Staats- und Wirtschaftspolitischen e.V. sprechen.
Frau Pahl ist eine der umtriebigsten AnwältInnen der Naziszene,
vertrat schon den NPD-Vorsitzenden Udo Voigt,
den Hamburger Vorsitzenden der SS-Veteranenorganisation HIAG Franz Schmitz
und die Jungen Nationaldemokraten (JN) vor Gericht.
Sie gründete das Deutsche Rechtsbüro,
eine Art Rechtsberatung für Neonazis und berät Rechtsrockbands
wie diese ihre Texte entschärfen müssen,
um gerade noch am Index vorbei zu kommen.
Nun soll Gisa Pahl am kommenden Montag in Ihren Räumen
zu Thema „Gelten die Menschenrechte auch für türkische Frauen in Deutschland?“ vortragen.
Es ist anzunehmen, dass es Frau Pahl
weniger um die Emanzipation von migrantischen Frauen,
als um die Bedienung von antimuslimischen und rassistischen Klischees gehen wird.

Die Referentin

Gisa Pahl begann ihre rechte Karriere 1973 beim Bund Heimattreuer Jugend
und war bis 1993 Funktionärin der Republikaner.
Nach dem Studium arbeitete sie in der Kanzlei von Jürgen Rieger,
mied aber im Gegensatz zu dem verstorbenen Nazifunktionär stets die Öffentlichkeit.
Schon 1992/93 veröffentlichte Pahl unter Pseudonym
zwei ausführliche juristische Ratgeber für die Szene,
welche 2005 vom Verlag der NPD neu aufgelegt wurden
und von Neonazis quer durch alle Lager empfohlen werden.
Auch wenn Frau Pahl bis heute nicht als Funktionärin der NPD aufgetreten ist,
geht ihr Engagement für die Nazipartei weit über die Tätigkeit als Anwältin hinaus.
Sie macht juristische Schulungen für die NPD,
beteiligte sich an der Überprüfung des Projekts Schulhof,
einer kostenlose CD mit Nazimusik der NPD,
auf mögliche strafrechtliche Inhalte
und bewarb sich im März 2010 für die NPD in Leipzig um den Posten der Finanzbürgermeisterin.
Pahl hat seit Jahren ihre Kanzlei in Hamburg-Harburg
und vertritt seit dem Tod Jürgen Riegers häufig die Interessen des hiesigen NPD-Landesverbandes.

Die Veranstalter: Relativierer von Kriegschuld und Holocaust

Die Veranstaltung mit Frau Pahl findet in der Reihe Hamburger Freiheitsgespräche des Vereins Staats- und Wirtschaftpolitische Gesellschaft“ (SWG) statt.
Die SWG wurde 1962 von ehemaligen Aktivisten des Hitler-Regimes gegründet
und macht regelmäßig Veranstaltungen für ein Spektrum vom rechten Rand der CDU
bis hin zu Neofaschismus.
Im Laufe der fast 50-jährigen Vereinsgeschichte referierten und engagierten sich hier ehemalige Angehörige von NSDAP, SA und SS, Vertriebenenpolitiker, Vordenker der sog. Neuen Rechten und Personen die von den Inlandsgeheimdiensten als „rechtsextremistisch“ eingeordnet werden,
aber auch Funktionäre und Mitglieder aus den Unionsparteien und dem konservativen Establishment.
Thematische Schwerpunkte sind u.a. die Leugnung der deutschen Schuld am Zweiten Weltkrieg,
die „Ehrenrettung“ von Wehrmacht und Waffen-SS,
die Rückgewinnung der ehemaligen deutschen Ostgebiete
und die Relativierung des Holocausts.
Der momentane Vorsitzende der SWG, Prof. Menno Aden schrieb z.B. dieses Jahr
in einem Beitrag zum Auschwitz-Gedenktag bezüglich der sechs Millionen ermordeten Juden:
„Seriöse Historiker nennen heute ganz andere Zahlen,
man traut sich nur nicht, sie entgegenzuhalten ...
denn sie sind geradezu strafbar gering.“
Laut Evangelischem Pressedienst wurde der SWG-Vorsitzende im September 2010 wegen Volksverhetzung angezeigt.
Auf den von Aden betriebenen Internetseiten
fänden sich "eine Reihe Abhandlungen,
in denen er in diesem Sinne die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht und rechtfertigt", hieß es zur Begründung der Anzeige.
Bis 2009 leitete Oberst a. D. Manfred Backerra die Hamburger Dependance der SWG. Er behauptete 2006 in einem Vertriebenenblatt „Einheiten der Waffen-SS kämpften ritterlich“ – die Waffen-SS als Teil der SS
wurde bekanntlich in den Nürnberger Kriegsverbrecher Prozessen
als „verbrecherische Organisation“ verurteilt.
Der ehemalige Dozent für Militärisches Nachrichtenwesen der Bundeswehr Backerra
erhielt für seine SWG 2004 Hausverbot von seinem ehemaligen Arbeitgeber,
der Führungsakademie der Bundeswehr.
Schon 1999 verbot das Hamburger Verteidigungskommando 10 dem SWG-Funktionär die Durchführung einer Veranstaltung zur Leugnung von Wehrmachtsverbrechen in Räumen der Bundeswehr.
Bis 2007 saß im SWG-Vorstand ein Roger Zörb, damals wie heute außerdem Vorständler der Hamburger Mittelstands- und Wirtschaftspolitischenvereinigung der CDU.
Diese Verflechtungen von konservativer und extremer Rechter bei der SWG lassen sich an diversen Beispielen nachweisen, werden sie allerdings öffentlich dann rudert man meist schnell zurück.
2008 lud die Kieler SWG-Filiale den Russen Wjatscheslaw Daschitschew ein, nach Angaben norddeutscher Verfassungsschutzbehörden eine "internationale Größe des Rechtsextremismus".
Der Kieler SWG-Leiter Stephan Ehmke, CDU-Ratsherr, behauptete hinterher, man hätte nicht gewusst, wen man da eingeladen hätte – wenig glaubhaft, denn die SWG veröffentlichte schon 2004 einen Artikel von Daschitschew
in dem dieser sein Engagement für die DVU und die Nationalzeitung rechtfertigte. Von einem „wichtigen Scharnier zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus" sprach denn auch unlängst Prof. Wolfgang Gessenharter, emeritierter Rechtsextremismusexperte, in Bezug auf die SWG.
Und der Hamburger Verfassungsschutz erklärte schon 1999 „uns sind personelle Überschneidungen zu rechtsextremistischen Organisationen bekannt.“
Gisa Pahl hielt bei der SWG übrigens auch schon 2002 einen Vortrag.

Wir bitten Sie angesichts des, hier nur in Kürze geschilderten Sachverhaltes, die geplante Veranstaltung mit der NPD-Anwältin Gisa Pahl, wie auch weitere geplante Veranstaltungen der SWG abzusagen.
Wie wir Ihrer Internetpräsenz entnehmen konnten ist der Baseler Hof seit 1907 Mitglied des Verbands christlicher Hotels in Deutschland.
Ihre Tradition geht auf ein christliches Hospiz zurück, dessen Trägerstiftung im Nationalsozialismus von der Gestapo verboten und deren Vermögen beschlagnahmt wurde.
Wir sind überzeugt, dass sich die Bewirtung eines Vereines der Nazi- und Kriegsverbrechen fortwährend relativiert oder leugnet,
weder mit der Geschichte Ihres Hauses noch einem christlichen Selbstverständnis vereinbaren lässt. Bezüglich rechtlicher Fragen zur Kündigung von Verträgen mit Organisationen der extremen Rechten empfehlen wir Ihnen eine Broschüre des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DeHoGa) Hamburg sowie der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Hamburg und Berlin.
Eine Kopie dieses Briefes ging auch an Hamburger Medien,
um auf diese Weise die Öffentlichkeit und andere Hoteliers vor einer Vermietung an die SWG zu warnen.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne per e-mail zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Hamburger Bündnis gegen Rechts

Störungsmelder 14. Mai 2008
Distanzprobleme zu Rechtsextremen
von Andreas Speit um 07:27 Uhr
16 Kommentare

Den Besuch hatte sich Wjatscheslaw Daschitschew sicher anders vorgestellt. Doch am Freitag war die Einladung an den Rechtsextremisten aus Moskau in Kiel hinfällig. Bei der “Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft” (SWG) sollte er referieren. Mitten im Kommunalwahlkampf hatte der CDU-Ratsherr Stephan Ehmke für die SWG die “Sonderveranstaltung” geplant. Nun wird Distanz zur SWG gefordert.

“Wir sagen ab”, erklärte auch Ehmke, der schleswig-holsteinische Regionalverantwortliche der SWG, gleich am 9. Mai. Um 19:30 sollte der Abend mit Daschitschew, Mitglied der Moskauer Akademie der Wissenschaft und einst ehemaliger außenpolitischer Berater Michail Gorbatschows, stattfinden. Die Türen des Saals “Kaiser Friedrich” blieben aber geschlossen.

Politischer Druck dürfte bei Ehmke allerdings erst zum Umdenken geführt haben. Denn am Donnerstag hatte die taz berichtet, dass Daschitschew nicht nur bei der NPD, der DVU-nahen “National Zeitung” und der “Gesellschaft für freie Publizistik” herzlich willkommen ist. Er ist zudem im Vorstand des rechtsextremen Netzwerk “Kontinent Europa Stiftung”. Auch verschiedene Programme des NDR strahlten aus, dass die Verfassungsschutzbehörden (VS) Norddeutschlands Daschitschew als “internationale Größe des Rechtsextremismus” bezeichnen. In der Einladung des SWG bezeichnet Ehmke ihn jedoch als einen “herausragenden Vertreter der russischen Politik der vergangenen zwei Jahrzehnte”. Nun sagte Ehmke zur taz, dass “unvollständige Informationen” zu der Einladung geführt hätten. “Hätten wir diese Informationen gehabt, wäre keine Einladung erfolgt”, betonte er und beteuerte, gegen “jede Form des Extremismus” zu sein. Beim NDR rutschte ihm jedoch über die Lippen “mit Bedauern abgesagt” zu haben.

In der Kieler CDU-Ratsfraktion, sagte CDU-Fraktionschef Robert Cordes, sei “Herr Ehmke nie mit rechtslastigen Aussagen aufgefallen”. Er würde vielmehr hervorragend mitarbeiten. Die SWG sei ihm indes nicht bekannt. Nicht so voll des Lobes für Ehmke ist Lutz Oschmann, Grüner Fraktionschef. In der schleswig-holsteinischen Stadt koalieren die Grünen mit der Union. “Herr Ehmke ist ein Einzeltäter”, hob Oschmann hervor und betonte: “Wir begrüßen, dass er die Veranstaltung absagte”. Seine Begründung den Referenten nicht genau gekannt zu haben, mochte Oschmann nicht so recht folgen.Schon am Vormittag reagierte der “ Deutsche Marinebund” auf die Nachrichten.

In Laboe sollte am Donnerstag Daschitschew bei der Eröffnung der “Sonderausstellung” im Marine-Ehrenmal “Schwerer Kreuzer Prinz Eugen” sprechen. Kurzfristig war er bei diesem Dachverband von Marinekameradschaften und –vereinen eingesprungen, heißt es beim “Marinebund”. Nach Medienberichten folgte eine schnelle Ausladung. Der Präsident des Marinebundes, Karl Heid, erklärte: “Das wäre eine Diskussion geworden, die wir vermeiden wollen”.

Immer wieder lädt die SWG, um den langjährigen Bundesvorsitzenden Reinhard Uhle-Wettler, einschlägige Referenten ein. Bereits 2001 erklärte Hamburgs Vize-VS-Chef Manfred Murck zur SWG: “Uns sind personelle Überschneidungen zu rechtsextremen Organisationen bekannt.” Die SWG, betonte der emeritierte Professor Wolfgang Gessenharter von der Helmut-Schmidt-Universität unlängst ist “ein wichtiges Scharnier zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus”.

Seit über 45 Jahren kämpft die SWG, die der einstige Joseph-Goebbels-Referent Hugo Wellems 1962 mitbegründete, gegen die “alliierte Umerziehung” und die “68er Wertezersetzung”. Vor gut drei Jahren, 2005, hatte Ehmke in Kiel Martin Hohmann empfangen. Über 100 Gäste waren zu der SWG-Veranstaltung im Saal “Kaiser Friedrich” mit dem geschassten CDU-Bundestagsabgeordneten gekommen. Im November 2004 musste Hohmann die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wegen seiner Rede zum Nationalfeiertag 2003 verlassen. Er hatte über die “Juden” als “Tätervolk” sinniert und auf antisemitische Überlegungen zurückgegriffen. Hier bei Ehmke wurde er herzlich empfangen.

Der DGB Nord-Vorsitzende Peter Deutschland forderte von der CDU sich von der SWG zu distanzieren: “Sie muss hier eine klare Linie ziehen, sonst muss man sich fragen, ob sie überhaupt in der Lage ist, sich ernsthaft mit rechtsextremen Tendenzen in unserer Gesellschaft auseinander zu setzten”.

Eine Grenzziehung hält auch SPD-Landesvorsitzende Ralf Stegner für dringend geboten. Er forderte: “Klare Worte” vom CDU-Landeschef Peter Harry Carstensen und CDU-Kreischef Thomas Stritzl und fragt: welche Konsequenzen das für Ehmkes Kandidatur zur Kommunalwahl hat. Die schleswig-holsteinische CDU teile derweil per Presseerklärung mit, die Absage zu begrüßen: “Das schnelle Handeln zeigt, mit welcher Entschlossenheit sich die CDU gegen Personen oder Organisationen wendet, die nicht auf dem Boden des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat stehen”.

Die Distanzierungsbemühungen von Ehmke karikierte aber Uhle-Wettler. Per Mail an die taz schimpfte der Uhle-Wettler über die “Nazijäger und Gesinnungspolizisten”. Als Datei gleich angehängt, ein Artikel über Daschitschews besondere Leistungen. Der Beitrag war auch extra auf der SWG-Homepage bereitgestellt worden.