DER TEXT "Berliner Positionen einer liberalen Erneuerung"

Aus InRuR

Berliner Positionen einer liberalen Erneuerung

DANK ANs APABiZ

F.D.P.
BERLINER POSITIONEN EINER LIBERALEN ERNEUERUNG
Das glimpfliche Abschneiden bei den Bundestagswahlen kann nicht darüber hinwegtäuschen,
daß sich die F.D.P. in der schwersten Krise ihrer Geschichte befindet Sie ist noch einmal gerettet worden,
weil das Bürgertum sie als Mehrheitsbeschaffer für Kanzler Kohl gewählt hat.

Ohne ausreichende Vertretung in den Gemeinderäten und Landesparlamenten ist sie zum Tode verurteilt, wenn es ihr nicht gelingt, wieder in den Sachaussagen und in ihrem personellen Angebot Profil zu zeigen.
Als linksliberale Partei wird die F.D.P. jedoch in Zukunft keine Chancen mehr haben.
Die Grünen haben sich etabliert und haben die linksliberalen Wähler absorbiert.
Sie sind gebunden.

Auch als Funktionspartei hat die F.D.P. ihre Rolle verloren.
Sie ist nicht mehr Zünglein an der Waage.
Jenseits von rechts oder links müssen sich die Liberalen in dem aufgefächerten Parteienspektrum neu definieren.

Ihre Zukunft muß sie neu bestimmen
Die F.D.P. braucht die Hoffnung nicht aufzugeben, denn viel mehr Deutsche halten sich für liberal als bereit sind, F.D.P. zu wählen.
Das sind diejenigen Bürger, denen die Sicherung der Freiheit wichtiger ist als die Gleichheit, die das Prinzip der Freiheit und Selbstverantwortung über das Prinzip der Gleichheit und Abhängigkeit setzen.
Es sind die Leistungsträger in allen Schichten der Bevölkerung, die einen Anspruch darauf haben, von einer Partei vertreten zu werden, die darauf achtet, daß ihre Gestaltungsmöglichkeiten in Staat und Gesellschaft erhalten bleiben.
Nicht diejenigen, die die Subventionen erhatten, sondern diejenigen, die mit ihren Steuerbeiträgen die Subventionen erarbeiten, sind das Klientel der F.D.P.

Kurskorrektur in der inneren Sicherheit
Die F.D.P. muß eine klare, für jeden erkennbare Kurskorrektur im Bereich der inneren Sicherheit einleiten. Die Freiheit der Bürger wird nicht durch die staatlichen Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung gefährdet, sondern durch das Ansteigen der Kriminalität, insbesondere durch das international organisierte Verbrechen.
Die Grundrechte schützen nicht nur die Bürger vor Übergriffen des Staates, sondern sie verpflichten gleichzeitig den Staat, die Inhalte dieser Grundrechte - (z.B. Leben, körperliche Unversehrtheit, Eigentum) - nachdrücklich vor Angriffen Dritter zu bewahren.
Diese Leistungspflicht des Staates gegenüber seinen Bürgern richtet sich nach der Schwere des Angriffs. Der Staat darf auf diesem Gebiet nicht zuviel, aber auch nicht zuwenig tun. Genauso wie es ein Obermaßverbot gibt, gibt es auch ein Untermaßverbot.
In einer sofortigen Kraftanstrengung sind alle Möglichkeiten zur Verhütung und Verfolgung von Verbrechen zu bündeln.
Benötigt wird ein gesamtstaatliches Sicherheitskonzept gegen Verbrechen und Gewalt.
Die Strafverfolgungsbehörden müssen deshalb jene Instrumente erhalten, die notwendig sind, um die Kriminalität wirksam zu bekämpfen. Dazu gehören auch die akustische Raumüberwachung und der wirksame Einsatz verdeckter Ermittler. Gesetze können ihre Wirkung nur entfalten, wenn die Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols gewährlei- stet ist und der Staat nicht vor dem Gesetzesbruch zurückweicht.
Die Opfer von Straftaten bedürfen in erster Linie der Fürsorge des Staates und der Gesellschaft, nicht die Täter. Wer angesichts der ausufernden Massenkriminalität (Ladendiebstahl, Drogenkonsum, illegaler Zigarettenhandel) diese dadurch bekämpfen will, daß er sie entkriminalisiert, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden.

Bekenntnis zur Marktwirtschaft
Die F.D.P. ist die Partei der sozialen Marktwirtschaft. Leistungsträger aus allen Schichten dürfen nicht länger durch ständig steigende Steuern belastet werden.
Leistung muß sich lohnen.
Eine Neidkampagne gegen Besserverdienende dient auch nicht den sozial Schwachen.
Was sozial verteilt weden soll, muß zunächst einmal marktwirtschaftlich erarbeitet werden.
Fehlt dazu der Anreiz, werden zuallererst die sozial Schwachen dies merken.

Der Sozialstaat muß diejenigen schützen und unterstützen, die nicht arbeiten können.
Er darf aber nicht jene unterstützen, die nicht arbeiten wollen. Nicht nur die Wirtschafts- und Steuerkriminalität ist zu bekämpfen, sondern auch die Sozialkriminalität, also das Erschleichen staatlicher Leistungen (Wohngeld, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, BAFöG etc.).

Rückbau des Staates
Vor dem Hintergrund leerer Staatskassen müssen staatliche Subventionen schnell und umfassend abgebaut werden.
Wo immer es sinnvoll und möglich ist, sind öffentliche Ausgaben zu privatisieren.
Der Staat muß sich auf seine ursprünglichen Aufgaben, die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit, konzentrieren, anstatt durch eine ausufernde Bürokratie und die Förderung der Subventionsmentalität die Kräfte des Marktes zu lähmen.

Keine Technologiefeindlichkeit
Die F.D.P. muß dafür sorgen, daß Kreativität und Leistungswillen gestärkt werden. Die ideologisch bedingte Blockade auf wichtigen Fonschungsfeldern, wie z.B. der Gentechnologie, muß ebenso überwunden werden wie die Kapitulation des Staates im Bereich der Kernenergiepolitik.
Umweltschutz ist richtig und wichtig. Deutschland hat auf diesem Gebiet Hervorragendes geleistet.
Ökohysterie darf jedoch nicht Leitfaden der F.D.P.-Politik sein.

Arbeitslosigkeit beheben
Wir müssen uns von dem Gedanken lösen, daß die Umverteilung der Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung das Allheilmittel ist, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Von zentraler Bedeutung sind vielmehr die Lohnnebenkosten, die durch das staatlich verordnete Monopolversicherungswesen bestimmt werden.
Dieses System ist nicht nur für Arbeitnehmer und Arbeitgeber kostenträchtig, sondern es wird aufgrund der demografischen Entwicklung der Bundesrepublik für die deutsche Volkswirtschaft nicht mehr bezahlbar sein.
Deshalb ist dieses Monopolversicherungssystem aufzuheben und durch ein System des Wettbewerbs zu ersetzen, durch das vernünftige Preise für Versicherungsleistungen gefunden werden können.
Steuersenkungen schaffen mehr Unternehmen und setzen Kaufkraft frei.
Um die Steuern senken zu können, müssen auch Subventionen an die Wirtschaft energisch abgebaut werden.
Nur mehr Kaufkraft und ein vom Staat nicht behinderter Markt schafft neue Arbeitsplätze.
Auch die Tarifpartner sind gefordert, mehr Möglichkeiten in der Tarifgestaltung zu nutzen.
So müssen Leichtlohngruppen gebildet werden, die speziell für Langzeitarbeitslose den Einstieg in das Arbeitsleben wieder ermöglichen.
Es hat wenig Sinn, jedes Jahr neue Lohnerhöhungen über den Produktivitätszuwachs hinaus zu fordern und damit die Inflationsrate weiter anzukurbeln und den Wettbewerb der deutschen Wirtschaft zu destabilisieren. Weniger Staatsquote, mehr Markt und mehr Eigeninitiative sind die Voraussetzungen einer modernen Gesellschaft, die auch wettbewerbsfähig ist.

Repräsentative Demokratie stärken
Die F.D.P. sollte sich konsequent für das Prinzip der repräsentativen Demokratie einsetzen. Sie gewährleistet am besten die Stabilität und die kontinuierliche Entwicklung des Gemeinwesens.
Gegenüber plebiszitären Elementen in der Verfassung und den weiteren Einbau von Bürgerbeteiligungen ist Vorsicht geboten. Das Gespräch mit dem Bürger ist notwendig.
Die Mitbeteiligung wird jedoch allzu leicht zum Sankt-Florians-Prinzip verkehrt (Verzögerung und Verhinderung notwendiger infrastrukturmaßnahmen vom Straßen- über den Deponie- bis zum Kraftwerksbau),

Das Bildungswesen umbauen
Die zunehmende Spezialisierung und Verwissenschaftlichung der Schule verhindert die notwendige Allgemeinbildung.
Die gymnasiale Oberstufenreform nach College-Muster ist gescheitert.
Die F.D.P. muß sich um eine Rückkehr zum Klassenverband bis hin zum Abitur bemühen.
Um die Elite der leistungsfähigen und leistungswilligen Schüler aus allen Schichten der Bevölkerung besser zu fördern, sind entsprechende Klassen an den Gymnasien einzurichten.
Die Schüler sollen von der Grundschule für diese Klassen empfohlen werden oder sich einer Prüfung unterziehen.
Die Zulassung und Errichtung von Privatschulen in allen Schulformen sind zu erleichtern.
Die staatlichen Gesamtschulen sind auf Einheiten mit nicht mehr als 500 Schülern aufzuteilen.
Die in den 70er Jahren entstandenen Mammutschulen fördern die Anonymität, bremsen die Lernmotivation und leisten der Gewalt Vorschub.
Die Hauptschule muß durch weitere Senkung der Klassenfrequenz gestärkt werden, um deren Bildungsauftrag wieder erfüllen zu können.

Europa der Vaterländer
Nicht Bundesstaat, sondern Staatenbund sollte die Losung der F.D.P. in der Europapolitik sein.
Individuelle Bürgerrechte haben ihre Wurzel und ihre Existenz in den nationalen Staaten.
Die Abhängigkeit von der Brüsseler Bürokratie ist jetzt schon erdrückend.
Die Liberalen müssen für ein Europa der Vaterländer streiten, das auch die wiedererstandenen Staaten Mittel- und Osteuropas einbezieht.
Gerade ihnen ist eine Auflösung der mühsam erfochtenen Souveränität nicht zuzumuten. Die Abschaffung der DM und die Einführung einer supernationalen EKU-Währung hätte für die deutsche Wirtschaft unabsehbare Folgen.
Uns Deutschen ist es, anders als den Franzosen, in unserer Geschichte nicht gelungen, die Ideale von Demokratie und Nation miteinander in Einklang zu bringen. Die Barbarei des Nationalsozialismus war auch eine Folge dieser Diskrepanz. Die Demokratiebewegung der DDR mit ihrer doppelten Losung "Wir sind das Volk" und "Wir sind ein Volk" hat den Weg gewiesen, beide Prinzipien zu vereinen.
Für die F.D.P. gilt es, an die Tradition von großen Liberalen wie Friedrich Naumann, Gustav Stresemann und Thomas Dehler anzuknüpfen, wenn das innere Zusammenwachsen Deutschlands gelingen soll.
Die Bundesrepublik Deutschland hat seit Kriegsende einen international Vertrauen genießenden freiheitlich demokratischen Rechtsstaat aufgebaut.
Diese Kultur des Rechtsstaates bedarf neben der konsequenten Bekämpfung des Verbrechens auch der Aufarbeitung der totalitären Vergangenheit der SED-Herrschaft.

Abschied von Ideologien
Wir Deutschen haben in diesem Jahrhundert leidvolle Erfahrungen mit der nationalsozialistischen und der kommunistischen Ideologie machen müssen. Nur eine geistige Offensive für Freiheit, Marktwirtschaft und Demokratie kann die Ergebnisse von 40 Jahren sozialistischer Indoktrination in der ehemaligen DDR zurückdrängen.
Es ist erschreckend, daß nach wie vor 57 Prozent der Menschen in den neuen Bundesländern glauben, der Sozialismus sei eine gute Idee, die nur schlecht ausgeführt worden sei. In Westdeutschland hat die Linke anstelle des gescheiterten Marxismus neue ideologische Konzepte gesetzt, vor allem den Feminismus und den Multikulturalismus.
Der Feminismus hat mit dem Bestreben nach Gleichberechtigung im Sinne gleicher Chancen für Männer und Frauen nichts zu tun. Feministinnen wollen nicht Gleichberechtigung, sondern eine neue Apartheid".
Quotierungsregelungen, Antidiskriminierungsgesetze und akademische Frauenforschung waren vielleicht gutgemeinte Ansätze, um Frauen mehr Chancen zu eröffnen, bewirken jedoch praktisch Diskriminierungen unter umgekehrten Vorzeichen. Der F.D.P. sollte bewußt sein, daß Frauen derartige Hilfsmittel nicht benötigen. Die von Grünen, PDS sowie Teilen der SPD und auch der CDU propagierte Ideologie der multikulturellen Gesellschaft lehnen wir ab.
Sicherlich bringen viele der hier lebenden Ausländer auch eine Bereicherung unserer Kultur. Aber auch die negativen Erscheinungen, wie z.B. die erschreckend hohe und weiterhin steigende Ausländerkriminalität, dürfen nicht verdrängt und tabuisiert werden. Ziel muß es sein, den auch nach der Änderung des Asylrechtes sich fortsetzenden Asylmißbrauch einzudämmen und die hier friedlich lebenden Ausländer zu integrieren. Die Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft ist dabei keineswegs hilfreich - die F.D.P. sollte sich Bestrebungen zu ihrer Einführung widersetzen.

Zukunft der F.D.P.
Die Liberalen haben nur dann eine Zukunft, wenn sie in Richtung der angesprochenen Positionen Farbe bekennen und nicht am Wähler vorbeireden. Die F.D.P. muß wieder Heimat für Menschen werden, die bereit sind, für ihren Staat offensiv einzutreten, die Politik als Herausforderung ansehen und die von ihnen aufgebrachten Steuern sinnvoll verwendet wissen wollen.
Oktober 1994
Manfred Kittlaus Leitender Polizeibeamter
Wolfgang Mleczkowski, MdA Vorsitzender der F.D.P. Spandau
Alexander von Stahl Generalbundesanwalt a.D.
Dr. Rainer Zitelmann Publizist
Hans-Joachim Josewski Bankdirektor