das Tempo-Magazin Interview (Februar 1989) mit Neonazi-Führer Michael Kühnen von Christa Ritter
Aus InRuR
Initiative Recherche und Reflexion
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das Tempo-Magazin, damaliger Chefredakteur Ulf Poschardt
Autorin Christa Ritter
eine der Frauen aus dem "Harem" des esoterischen Faschisten Rainer Langhans
Ich, Kühnen – Deutschlands gefürchtetster Nazi erklärt sich
von Christa Ritter Interview,
zuerst erschienen im Februar 1989 in Tempo, S. 82-90
von der Autorin neu durchgesehen
Darf man mit Neonazis reden?
Man darf nicht, man muss.
Nach dem Wahlerfolg der Republikaner in Berlin steht fest:
Wir müssen uns mit dem neuen Rechtsextremismus auseinandersetzen.
Von Angesicht zu Angesicht.
Direkt und ohne Prüderie.
Christa Ritter sprach mit Michael Kühnen, dem Ideologen der braunen Bewegung.
Einleitung
Im November 2007 erschien in der deutschen „Vanity Fair“ ein Interview
mit dem früheren Rechtsanwalt, dann Terroristen und heutigen Nazi Horst Mahler.
Für einen besonders hohen Grad an Aufmerksamkeit sorgten die Gesprächskonstellation und die Verwertung des Materials.
Das Gespräch führte Michel Friedman.
Es wurden zehn Seiten im Heft und 28 Seiten in der Online-Ausgabe.
Der Nazi warb zudem auf dem Cover.
Im Editorial verteidigte der damalige Chefredakteur Ulf Poschardt seine Entscheidung,
indem er die Notwendigkeit einer „Auseinandersetzung mit den Feinden der Demokratie mit Mitteln der Aufklärung“ betont,
da „rechtes Gedankengut auch bürgerliche Schichten erreicht“ hat.
„Meinungsfreiheit ist dafür unverzichtbar“, so Poschardt weiter.
Im Magazin hieß es zudem, „dass es eine bessere Bloßstellung der deutschen Rechtsextremen nie gegeben hat“.
Kritiker wie Henryk M. Broder akzeptierten jedoch nicht,
dass „ein Lifestyle-Magazin einem bekennenden Neo-Nazi zehn Seiten einräumt“.
Während Arno Lustiger, Historiker und Überlebender von Ausschwitz,
die Publikation einen Skandal nannte
und Poschardt zugleich verklagte,
rügte Broder auf Spiegel Online vor allem die Gesprächskonstellation und die schwache Rolle Friedmans.
Seiner Meinung nach beruhe der Skandal auf einer „perversen Phantasie“,
da „es ein prominenter Jude ist, der den Nazi interviewt“.
Und dieses Gespräch sei schließlich ein „Dokument der Hilflosigkeit eines Interviewers“.
1989 sollen es nur ungefähr zehn Leser der Zeitschrift „Tempo“ gewesen sein,
die sich zu dem Interview mit dem Neonazi Michael Kühnen äußerten,
das im Februar des gleichen Jahres veröffentlicht wurde.
In einem der meist positiven Briefe heißt es:
„Mit nichts kann man Knallchargen wie Michael Kühnen lächerlicher machen, als daß man sie ausreden lässt.“
Jedoch wurde in zwei Briefen Kritik deutlich.
Warum wurde den „verfassungsfeindlichen und Gewalt propagierenden Ausführungen“ Raum gegeben?
Kühnen stellte eine wichtige Person für die Entwicklung der Neonazi-Szene in Deutschland der 1980er Jahre dar
und wird heute in einigen Kreisen noch kultisch verehrt.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung begann sich Kühnen unter den Neonazis jedoch immer mehr zu isolieren
und trat nur noch als bekannter singulärer Aktivist auf.
Das wird auf mehrere Konflikte innerhalb einzelner Gruppierungen zurückgeführt.
Dazu zählt die Auseinandersetzung mit Homosexualität, zu der sich Kühnen 1986 bekannte.
Im selben Jahr verfasste er eine 67-seite Broschüre „Nationalismus und Homosexualität“.
Kühnen starb 1991 an AIDS, der Krankheit, deren Existenz er immer abgestritten hatte.
Die Veröffentlichung des Interviews im Februar 1989 fiel in eine Zeit,
in der es in Deutschland zu einem Erstarken rechtsradikaler Parteien und Gewalttaten kam.
So konnte sich „Tempo“ dem Thema nicht verwehren
und thematisierte von April 1989 bis Herbst 1991 Rechtsextremismus in Deutschland.
Die Besonderheit und Schwierigkeit des Kühnen-Interviews liegt darin,
dass „Tempo“ auch hier einen eigenen Zugang zu dem Thema gesucht hat.
Es wird weder eine Wertung an Kühnen vor- noch eine kritische Distanz eingenommen.
Das wird an dem Anspruch der Interviewerin Christa Ritter deutlich,
die damals für „Wiener“ und „Tempo“ arbeitete.
Ihre Beweggründe für das Gespräch mit Kühnen erinnert sie heute wie folgt:
„Hier aber nun der Nordpol, ein Interview für „Tempo“ in Hamburg:
mit Michael Kühnen, dem stylischen Neo-Nazi-Anführer,
über den in den Medien nicht mehr als das übliche ›Igitt!‹ zu lesen war.
Vielleicht schimmerte für mich doch mehr durch
und ich suchte deshalb seinen Kontakt.
Wie tickt ein intelligenter, eitler Neo-Nazi mit Charme und Vision?
Vor allem in einer Zeit, wo sich alle irgendwie eher links verorteten“.
Christa Ritter besuchte Kühnen im Gefängnis,
„begleitete ihn und seine Gang im Gerichtssaal,
traf ihn zum Frühstück im Holiday Inn.
Wir fotografierten ihn schwarz-weiß in Leder, altes Hollywood. Das mochte er.“
Neben dieser popkulturellen Inszenierung
und Kontextualisierung Kühnens besteht eine weitere Problematik des Interviews darin,
dass Ritter ihre Faszination für Kühnen auch mit folgenden Fragen erinnert:
„Weiß er etwas vom Licht, das immer einem Schatten voran geht?
Vom Anfang der kollektiven Suche nach dem neuen Menschen,
die Hitler und seine Leute antrieben und die in Massengräbern enden musste?
Und warum dieses Desaster?
Was wir DARAUS lernen?“
Folgt Ritter hier der spirituellen Deutung des Nationalsozialismus, die Rainer Langhans seit den 1980er Jahren vorträgt
und wonach der Nationalsozialismus als eine fehlgeleitete „Gottsuche“ der Deutschen zu verstehen sei?
Oder versucht Ritter Kühnen ‚nur’ im Kontext der Lebensreform-Bewegung zu verarbeiten,
die durch den Nationalsozialismus instrumentalisiert wurde?
In diesem Kontext gewinnt das Interview zusätzlich an Brisanz.
Stefanie Roenneke für Waahr, 2013
Ich, Kühnen
München, „Hotel Holiday Inn“. Michael Kühnen ist bester Laune.
Gestern Abend köpfte er mit ein paar Kameraden gleich ein paar Flaschen Sekt auf den sensationellen Erfolg der rechtsextremen Republikaner in Berlin.
Jetzt sitzt er mir gegenüber – ganz in Schwarz, nervös aufgedreht, mit zitternden Fingern.
Seit zehn Jahren beherrscht der Ex-Leutnant der Bundeswehr die Neonazi-Szene in der Bundesrepublik.
Anfang der Achtziger Jahre gründete er die Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA), Deutschlands radikalste Neonazi-Truppe.
Als sie 1983 vom Bundesinnenministerium verboten wurde, setzte Kühnen sich nach Frankreich ab.
1984 wurde er verhaftet, ausgeliefert und zu drei Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt.
An seine Kampfgefährten gab er die Parole aus,
die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP),
damals ein bedeutungsloser Haufen mit rechtspopulistischem Programm, zu unterwandern.
Mit Erfolg: Heute ist die FAP eine strikt neonazistische Kaderorganisation, bestehend aus 500 Kühne-Anhängern.
Im März 1988 wurde Kühnen aus der Haft entlassen.
Er zog nach Langen, wo er bei einem Parteigenossen sein Hauptquartier einrichtete.
Mitte letzten Jahres gründete er die Wählerinitiative Nationale Sammlung (NS),
mit der er am 12. März bei den Kommunalwahlen in Hessen kandidiert.
Der harte Kern seiner Truppe, rund 150 polizeibekannte Neonazis im Alter zwischen 18 und 50 Jahren,
konzentriert sich auf den Wahlkampf in Frankfurt und in der Kleinstadt Langen.
Dort, so glaubt Kühnen, bestehen gute Chancen für seine NS, in die Stadtparlamente einzuziehen.
Nach dem Wahlerfolg der Republikaner in Berlin erst recht.
Du trägst eine schwarze Lederjacke, eine schwarze Armeehose und ein schwarzes Hemd. Ist deine Unterhose auch schwarz?
Unsinn. Die schwarze Kleidung ist unsere Parteiuniform.
Wir müssen jederzeit als Gruppe zu erkennen sein.
Die Schwarz- und Braunhemden sind eine Mode der Macht.
Wenn wir am 20. April 1989 den 100.
Geburtstag von Adolf Hitler feiern, werden wir dieser Kleidung neuen Glanz verleihen: derselbe Stoff, dasselbe Braun wie damals.
Die Uniform verändert einen Menschen.
Sie gibt Halt und erzieht zur Gemeinschaft.
In Zeiten übersteigerter Individualität ein wichtiges politisches Anliegen.
In diesem Aufzug seht ihr den Autonomen verdammt ähnlich.
Nur Auf den ersten Blick.
In Wahrheit sind die Autonomen unsere größten Gegner.
Sie sind gefährlich, weil sie uns den Straßenkampf streitig machen.
Gewöhnliche Linke sind feige.
Sie ziehen sich höchstens gestreifte Schlafanzüge an und tragen Schilder mit Nie wieder Faschismus! Spazieren.
Die Autonomen sind anders. Sie starten Aktionen, die wir am liebsten selber machen würden.
Sind die Autonomen militanter als ihr?
Ja klar, aber wir werden von der Polizei schärfer überwacht.
Für uns ist es undenkbar, zu einer Demo mit Latten, Gaspistolen, Eisenkugeln und Totschlägern anzurücken.
Wenn 300 Autonome durch Hamburg marschieren, wird die Polizei keinen Finger rühren.
Wenn aber 50 Nationalsozialisten kommen, nimmt sie alle fest.
Autonome und Neonazis haben eines gemeinsam: Beide kämpfen gegen den Staat.
Warum schließt ihr euch nicht zusammen?
Ich würde gern mit ihnen darüber diskutieren.
Es gibt eine Reihe von Gründen, gemeinsam zu agieren:
Sowohl die Autonomen als auch die Nationalsozialisten verachten die bürgerliche Ordnung.
Beide hassen die Dekadenz und bekämpfen die Demokratie.
Wenn wir das Schweinesystem beseitigt haben, können wir immer noch untereinander ausschießen, welche Ordnung besser ist.
Was hindert euch dann an einer Kampfgemeinschaft?
In den Augen der Autonomen sind wir ein Teil des herrschenden Systems.
Das ist Unsinn. Wir haben weder mit den weinerlichen Demokraten noch mit den Altnazis etwas am Hut.
Obwohl wir das Gestern besser finden als das Heute.
Also doch ewiggestrig?
Nein, das ist nur eine Floskel.
Ich, zum Beispiel, war von der Gründung der Grünen begeistert. Die erste Bewegung nach dem Krieg,
die in ihrem Parteiprogramm die biologischen Gesetze des Lebens verankert hat. Später wurde ich enttäuscht,
weil die Grünen keine ökologische Weltanschauung entwickelt haben.
Sie fürchten vermutlich, auf den Nationalsozialismus zu stoßen.
Denn der Nationalsozialismus war die erste konsequente ökologische Ideologie.
Fehlt nur noch, dass du auch New Age etwas Positives abgewinnen kannst.
New Age wirft sehr intelligente neue Fragen auf.
Schade, dass die New Age-Intellektuellen Angst vor der Machtfrage haben – wir könnten ihre Weltanschauung gut brauchen.
Ich habe viele Sympathien für Esoterik: Man soll träumen, man soll ganzheitlich denken.
Aber man darf die Grundgesetze des Lebens nicht vergessen: Kampf, Auslese und Macht.
Das verdrängt die New Age-Bewegung weitgehend.
Sie behauptet das Gegenteil: Der Daseinskampf findet nicht zwischen den Menschen, sondern in ihrem Inneren statt.
Das ist diese östliche Philosophie: Alles ist Illusion, alles liegt in der Hand spiritistischer Mächte, am muss sich von irdischen Bindungen lösen.
Ich halte das für eine lebensfeindliche Position.
Der Mensch ist nicht nur ein Geistwesen, sondern auch ein biologisches Geschöpf.
Wir haben körperliche Bedürfnisse und pflanzen uns fort.
Damit unterliegen wir den Gesetzen der Natur – wie jede Raubkatze, wie jedes andere Lebewesen.
Wenn wir das aus den Augen verlieren, degenerieren wir.
Leben wir aber nach den Naturgesetzen, können Geist und Körper zu einer Einheit verschmelzen.
Der Mensch wird ganzheitlich, der Sprung vom Homo sapiens zum Homo superior wird möglich.
Der gute alte Übermensch?
Warum nicht? Wenn wir unsere Gemeinschaft nach den Gesetzen der Natur organisieren, werden wir zu Göttern.
Die Natur kennt keine Sackgassen.
Sie rottet das Schwache aus und entwickelt das Gute zum Besseren.
Du kandidierst am 12. März mit der Wählerinitiative Nationale Sammlung bei den Kommunalwahlen in Frankfurt und Langen.
Sind eure Chancen nach dem Erfolg der Republikaner in Berlin gestiegen?
Natürlich.
Diese siebeneinhalb Prozent für die Republikaner bestätigen meine These:
In Deutschland steigt die Bereitschaft, nationalen Gruppen Vertrauen zu schenken.
Wir, die Nationale Sammlung, vertreten zum Thema Ausländer die gleichen Forderungen wie die Republikaner:
Abschiebung von Scheinasylanten, Verringerung des Ausländeranteils…
Gibt es zwischen dir und Franz Schönhuber, dem Vorsitzenden der Republikaner, mehr Gemeinsamkeiten oder mehr Unterscheide?
In vielen Sachfragen stimmen wir völlig überein.
Er kommt aber von der demokratischen Seite und akzeptiert im Grunde das herrschende System.
Wir dagegen bekämpfen es radikal, notfalls mit Todesmut.
Gibt es irgendetwas, wovor sich der mannhafte Kämpfer Michael Kühnen fürchtet?
Ich fürchte mich vor Hilflosigkeit – durch Unfall, Krankheit oder Gehirnschäden.
Ich bin ein ästhetischer Mensch.
Für mich ist ein Krüppel oder Geisteskranker eine Karikatur des Menschseins.
Ich würde mir eine Spritze geben oder hoffen, dass es jemand für mich tut.
Wenn ich Leute wie dich treffe, denke ich sofort: Da muss was mit der Mutter schief gelaufen sein.
Meine Mutter war eine starke Persönlichkeit.
Sie hat mich verwöhnt, aber auch kontrolliert.
Ich durfte nirgendwo hingehen, ohne Bescheid zu sagen.
Sie war sehr ängstlich, und ich war ihr einziges Kind. Einzelkinder haben es enorm schwer.
Ohne Geschwister aufzuwachsen, ist das Schlimmste, was einem Kind passieren kann.
Ich war ein verwöhntes Muttersöhnchen, schüchtern und voller Komplexe.
Ich habe mich in meine Bücher vergraben und tagelang nicht gesprochen.
Ich war unfähig für das Leben in einer Gemeinschaft.
Das klingt ja furchtbar.
Lag das auch an deinem Vater?
Mein Vater hat sich total um mich gekümmert.
Früher habe ich mich gut mit ihm verstanden und ihn auch als Vorbild anerkannt.
Probleme haben wir erst, seit ich politisch aktiv bin.
Er ist ein liberaler Katholik und lehnt meine Sache fanatisch ab.
Er sagt: Wenn du an die Macht kommst, geh ich mit der Knarre in den Untergrund.
Wie hast du es geschafft, vom Muttersöhnchen zum Neonazi zu werden?
Ich habe mich umerzogen, vor allem in der Bundeswehr.
Ich glaube, dass die Persönlichkeit nicht in der Kindheit geprägt wird, sondern zwischen 12 und 16 Jahren.
Deswegen bin ich für eine völlige Neuordnung des Schulwesens.
Jungen und Mädchen gehören in getrennte Schulen, von Anfang an.
Später werden sie in hoch spezialisierte Eliteschulen gesteckt.
Entsprechend ihren Fähigkeiten kommen sie in Handwerker-Eliteschulen, Künstler-Eliteschulen oder Wirtschafts-Eliteschulen.
Danach gibt es den Arbeitsdienst, anschließend den Militärdienst für Jungen und einen Sozialdienst für Mädchen.
Erst dann beginnt die normale Berufsausbildung.
Einige Auserwählte erhalten eine Spezialausbildung.
Zu diesem Zweck werden wir Orden und Philosophenschulen gründen.
Wer sich für die politische Laufbahn entscheidet, kommt in den obersten Orden, der die Stabilität der Gemeinschaft sichert.
Es wird auch Kriegerorden geben, die das Reich nach außen schützen.
So werden wir eine neue Ordnung schaffen, die jedem die Möglichkeit bietet, das zu verwirklichen, was er in sich fühlt.
Das klingt nicht sehr tolerant.
Wir sind nicht tolerant.
Der Nationalsozialismus schließt alle anderen Ideen aus, denn er ist die einzige lebensbejahende Weltanschauung.
Wann müssen wir mit eurer Machtergreifung rechnen?
Du kannst nicht alles vorprogrammieren.
Das Ziel unserer Hoffnungen ist noch weit entfernt.
Ich bin ja auch von der Dekadenz angefressen und kann mir kaum vorstellen, wie es mal sein wird.
Eines ist sicher: Die neue Ordnung kann nur stabil sein, wenn sie auf ordensähnlichen, männerbündischen Prinzipien beruht.
Samurai, Kamikaze - schwebt dir sowas vor?
In letzter Konsequenz, ja.
Zu einem ganzheitlichen Leben gehört der Tod.
Er ist die Krönung eines sinnvollen Lebens, das heißt, eines Lebens im Dienst einer Idee.
Eine Kamikaze-Aktion wäre für mich die größte Erfüllung.
Sterben muss jeder.
Dann will ich wenigstens sinnvoll sterben - im Kampf für das, woran ich glaube.
Wo bleibt in deinem Männerparadies die zweite Hälfte der Menschheit, die Frauen?
Der italienische Aristokrat Julius Evola sagt, dass nur die kristallklare, granitene Wucht der Männlichkeit eine aufstrebende Kultur ermöglicht.
Weibliche Einflüsse stören.
Chauvi! Langsam! Auch der weibliche Geist soll sich frei entwickeln.
Er muss ernst genommen und geachtet werden.
Aber die weibliche Kultur ist für die Frau da, die männliche für den Mann.
Eine Berührung gibt es nur im Körperlichen, um die Art fortzupflanzen.
Geistig brauchen wir sie nicht.
Klingt wie ein Plädoyer für radikalen Feminismus?
Ja, solange es keine weiblichen Dachdecker und Kranführer gibt.
Heute denken einige Feministinnen in die gleiche Richtung wie ich:
Sie lehnen die Koedukation ab, verehren eine Muttergöttin und beleben die Hexentradition.
Das deckt sich mit meinen Vorstellungen.
So wenig, wie der Mann das Recht hat, Orakelpriester zu werden, sollte die Frau das Recht beanspruchen, Richter, General oder Staatsmann zu werden.
Welche Frau imponiert dir?
Tschiang Tsching, die Witwe Maos.
Weil sie ihre Ideen konsequent vertreten hat.
Selbst in der Haft hat sie nichts davon aufgegeben.
Dass eine Frau so entschlossen zu ihren Idealen steht, ist äußerst selten.
Außerdem bin ich ein Freund der chinesischen Kulturrevolution.
Madonna ist nicht dein Typ?
Grauenhaft! Ich finde Popstars einfach widerlich.
Das sind doch Kunstfiguren,
die von Managern aufgebaut werden.
Madonna und Michael Jackson kommen mir wie stilisierte Roboter vor, denen jede Persönlichkeit fehlt.
Man erzählt sich, dass du schwul bist.
Stimmt das?
Zu meinem Privatleben sage ich nichts.
Aber du bist doch sicher manchmal verliebt? Wie gehst du damit um?
Ich bin zeitweise verliebt.
Das war eigentlich sogar ein Dauerzustand.
Liebe ist eine große Antriebskraft, aber sie kann auch ablenken.
In meinem Alter ist die Idee wichtiger als die Liebe.
Die Idee heißt: Unsterblichkeit! Liebe ist das Gegenteil davon.
Sie ist etwas Flüchtiges.
Ich bin selbst sehr flatterhaft: Sternzeichen Zwilling.
Ich brauche meine ganze Kraft für den politischen Kampf.
Es bleibt nicht viel übrig für das Privatleben.
Dort bin ich dann eher hektisch, spontan und für Abwechslungen. Ich will keine festen Bindungen.
Welche Rolle spielt Homosexualität in deinem Denken?
Homosexuelle sind besonders leicht für unsere Sache, unseren Kampf zu gewinnen, weil sie die Bindung an Frau, Kind und Familie nicht wollen.
Von einem Nationalsozialisten verlange ich volle Hingabe, Todesbereitschaft und Disziplin.
Ein Telefonanruf, und die Leute müssen bereit sein. Einordnung und Unterordnung sind absolut notwendig.
Unsere Bewegung ist aber keine reine Männerwelt.
Die gleichen Gemeinschaften wird es für Frauen geben. Jeder kann bei uns mitmachen.
Solange die Leute für den politischen Kampf taugen, ist es mir egal, was sie privat treiben.
Man muss sich nicht vorstellen, dass da Hunderte von sexuell frustrierten Neonazis durch die Städte laufen…
…die sich dauernd Pornovideos reinziehen.
Ich lehne die Pornografie als Kommerzialisierung der Sexualität ab.
Andererseits verurteile ich die Verlogenheit der Kirche.
Die Lösung sehe ich in einer dritten Position:
Es sollte ein freies ästhetisches Empfinden gegenüber der Sexualität geben.
Weder Kommerzsex noch Spießermoral.
Bei Aids zum Beispiel, macht mich die Propaganda gegen die Promiskuität misstrauisch.
Bisher ist Aids eine kleine Seuche.
Ich verstehe das hysterische Geschrei nicht.
Wahrscheinlich steckt ein handfestes Interesse dahinter:
Leute wie Gauweiler wollen die verlorenen Schafe mit Flammentod und Peitsche in die Schranken der Bürgerlichkeit zurücktreiben.
Das ist eine mittelalterliche Moral , die unserem Lebensgefühl widerspricht.
Der Nationalsozialismus ist Lebensfreude, nicht Lebensfeindlichkeit.
Homosexualität hat es immer und überall gegeben.
Warum sollte sie der christliche Gott auf einmal durch eine Seuche bekämpfen?
Warum zittern deine Hände?
Ich weiß nicht, ist mir eigentlich noch nie aufgefallen.
Vielleicht, weil ich eine Art Energiebündel bin.
Ich habe am Tag mehr Ideen, als ich rauslassen kann.
Du würdest gern alles verändern?
Ich bin ein Anhänger der permanenten Revolution – aber einer Revolution der Gefühle.
Jede junge Generation hat ein Recht auf Rebellion.
Sie ist ein Ausdruck der Lebensfreude.
Bei uns gibt es doch seit 1968 eine ständige Kulturrevolution.
Ja, aber nur in spielerischer Form.
Veränderungen finden nur an der Oberfläche statt.
Es gibt immer wieder neue Modetrends: der neue Mann, die neue Frau.
Aber das drückt nicht Lebensfreude aus, sondern Schwäche.
Damit weicht man der Sinnfrage aus.
Was empfiehlst du als Ausweg?
Wir müssen bescheidener werden. Dieser ganze Spuk, der sich als materialistische Wohlstandsgesellschaft ausgibt, geht nur auf Kosten kommender Generationen.
Ich wäre für jeden Tag dankbar, den der Spuk weniger dauert.
Leider hält er schon 40 Jahre an.
Und davor gab es Millionen Tote.
Warum stolpert Jenninger noch heute über eine Rede, in der er die Nazizeit missverständlich interpretiert?
Wir leben in einer Zeit, in der die Medien die Wirklichkeit total manipulieren.
Glaubst du etwa, es hätte im Volk einen Aufschrei gegen die Jenninger-Rede gegeben?
Mit Sicherheit nicht.
Aber die ganze Presse jault, das sei das Fürchterlichste, was je gesagt wurde.
Wenn man endlich so ehrlich wäre und sich eingestünde, dass Deutsche und Juden Kriegsgegner waren,
weil nämlich das Judentum genauso eine kriegstreibende Weltmacht war,
könnte man in Friedensverhandlungen treten und einen gerechten Frieden schließen.
Solange das Judentum darauf beharrt, es sei eine unschuldig verfolgte Religionsgemeinschaft, gibt es keine Versöhnung.
Wer ist Opfer, wer Täter?
Heute sind die Opfer doch die Sieger.
Die Geschichtsschreibung orientiert sich allein an ihnen, an ihrer Perspektive.
Kannst du mir sagen, wie man ein guter Täter wird?
Und die Katastrophe verhindert? Das weiß ich nicht.
Wenn große Energien freigesetzt werden – und das geschieht bei jeder Revolution – ist ungewiss, ob man die Kontrolle darüber behält.
Es stimmt schon: Die Revolution fraß immer ihre Kinder. Deshalb muss eine Revolution von einer starken Elite gesteuert werden.
Von Leuten wie dir?
Ich bin nur ein ganz normaler Intellektueller, der nicht nur denken, sondern auch handeln will.
Weil ich viel kleiner bin, habe ich mir nicht den Lebensweg Adolf Hitlers als Beispiel genommen.
Für mich war Hitler ein Heros, ein halb göttlicher Mensch,
der von besonderen Energien beseelt war und eine spezielle Mission auf dieser Welt hatte.
Das bin ich nicht.
Welche Rolle spielst du dann unter den Neonazis?
Ich bin Redner, Organisator und Propagandist.
Aber wenn man bedenkt, dass ich von meinen elf Jahren in der Bewegung sieben Jahre im Knast saß, reichen diese Begabungen nicht aus.
Was sagst du zu den Ausländern, die in Deutschland leben?
Wir erleben zur Zeit eine neue Art von Barbareneinfall.
Schau unsere türkischen Freunde an: Die sind nicht angefressen von der Dekadenz.
Bei denen hat die Frau ihren Platz, der Mann seinen, die Kinder ihren.
Die geben den verweichlichten Leuten einen Tritt in den Hintern und zeigen uns, wie man richtig lebt.
Die Türken werden uns also bald einen Tritt in den Hintern geben?
Es tut mir leid, dass es in Deutschland den Konflikt gerade mit den Türken gibt.
Sie sind eigentlich ein sehr deutschfreundliches Volk.
Es ist eine Tragödie.
Man hat sie nur aus billigen Profitinteressen geholt und nicht wegen der multikulturellen Impulse.
Wie lebst du?
Unbürgerlich.
Ich habe kein Einkommen, keine Wohnung und kein Auto, aber ich lebe nicht in einem Gefühl des Verzichts.
Im Gegenteil, ich führe ein sehr lebendiges, reiches, vor allem sinnvolles Leben.
Für mich wäre es ein Albtraum, wie ein Spießer zu leben:
morgens ins Büro, zweimal in der Woche über die Mutti, zwei Kinder und mit 60 in Rente.
Ich brauche das revolutionäre Lebensgefühl.
Was liest du gerade?
Stalin. Er fasziniert mich, weniger als Marxist, sondern mehr als Reichsgründer.
Er hat dem trägen russischen Volk in kritischer Lage ein Rückgrat verpasst.
Dann lese ich ein Science-Fiction-Buch von John Brunner Zeiten ohne Zahl.
Es handelt von einem meiner Lieblingsthemen: Zeitreisen, Universen.
Es wäre doch toll, wenn es neben unserer Welt Paralleluniversen gäbe, in denen die Deutschen den Krieg gewonnen haben.
Vor einiger Zeit starb der Dichter Erich Fried, ein Jude und Linker, der dich in der Haft besucht hat.
Ich habe ihn sehr geschätzt, weil er fair und aufrichtig war.
Ein Ausnahmejude.
Er stand zu sich selbst und war für mich als Jude genauso wie als Antizionist überzeugend.
Er hat in unserer Bewegung die Hassgefühle gegen Juden ganz erheblich korrigiert.
Worüber habt ihr gesprochen? Über die Judenfrage.
Darüber, was mit seiner Großmutter im Lager passiert ist.
Ob sie umgekommen oder vergast worden ist.
Wir haben stundenlang geredet.
Was nun: Suchst du das Gespräch oder den radikalen Kampf?
Wenn man mir meine Weltanschauung lässt, suche ich das Gespräch.
Do, 12/05/2013 - 11:15