Ehrenplatz in der Walhalla
Aus InRuR
Ehrenplatz in der Walhalla
von Andrea Röpke
26.11.2009 - Mit Lobpreisungen huldigte die braune Szene dem verstorbenen Neonazi Jürgen Rieger –
unweit des Grabes von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß.
Die Gräben, die Jürgen Rieger in der eigenen politischen Szene zeitlebens umgaben, müssen tief gewesen sein.
Zum Trauermarsch am 14. November in Wunsiedel im Fichtelgebirge erschienen rund 800 Anhänger seiner „Bewegung“.
Der Hamburger Multifunktionär, der Ende Oktober mit 63 Jahren verstarb,
war fast 40 Jahre lang aktiv.
Er verteidigte über Jahrzehnte hunderte von straffällig gewordenen Kameraden,
lud Sippen ins heidnische Milieu,
hielt die Alten bei der Stange,
sponserte Partei und Initiativen und radikalisierte die Freien Kräfte.
Auf der anderen Seite war der umtriebige braune Advokat
als Spalter, Radikaler und Machtmensch verschrien.
Rücksichtslos und cholerisch sabotierte er Bemühungen gemäßigter Parteistrategen,
das radikale Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit durch Weichzeichner zu verwischen.
Gerade den NPD-Oberen um Udo Voigt gelang es an dem Samstag nicht,
dem verstorbenen Rieger bei allen Bemühungen ein wirklich herzliches Gedenken zu widmen.
Glaubwürdiger wirkten Gefährten aus dem Innercircle
wie Wolfram Nahrath, Andreas Thierry oder der rechtsextreme Ideologe Pierre Krebs.
Nur schleppend, trotz pünktlicher Ermahnung, fanden sich die Trauergäste vor einer Grundschule des Fichtelgebirgsortes ein.
Es wurde sich begrüßt, viel geredet und gelacht.
Nur ein paar hundert Meter weiter, hinter hohen Friedhofsmauern liegt das Grab von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß.
Doch der Zugang wurde den Neonazis wie in den Jahren zuvor verweigert.
Fränkische Neonazis um Matthias Fischer,
Anhänger des „Freies Netzes“, errichteten einen Pavillon mit warmen Getränken.
Norman Bordin koordinierte gemeinsam mit Manfred Börm den Ordnungsdienst.
Die Riege führender NPD-Funktionäre erreichte den Platz,
Rieger-Kritiker wie Udo Pastörs, Holger Apfel oder Jürgen Gansel waren nicht darunter.
Neben Udo Voigt, Thorsten Heise, Thomas Wulff, Klaus Beier, Karl Richter, Edda Schmidt, Hartmut Krien, Frank Schwerdt, Eckart Bräuniger, Andreas Thierry und der einzigen weiblichen NPD-Landesvorsitzenden Dörthe Armstroff aus Rheinland-Pfalz waren die beiden sächsischen Landtagsabgeordneten Arne Schimmer und Andreas Storr anwesend.
Kader aus verschiedenen Bundesländern wie Mario Mathes, Judith Rothe, Kathrin Köhler, Ralf Ollert, Adolf Dammann, Andreas Biere, Willi Wiener, Torben Klebe und Steffen Holthusen waren ebenso erschienen wie der Ex-Bombenbastler und jetzige „Sicherheitsexperte“ Peter Naumann, Wolfgang Juchem, Ralph Tegethoff, Michael Regener, Gordon Reinholz, Ivonne Mädel, Hartmut Wostupatsch, Christian Worch, Lorena Riewa oder der braune Barde Frank Rennicke.
Die „Ersthelfer“ um Aktivistin Nicole Becker aus Hessen sorgten sich um den Gesundheitszuständ der Teilnehmer,
unter denen auch einige ältere Herrschaften waren.
Voigt und Nahrath begrüßten die blonde Lebensgefährtin von Rieger aus Hamburg.
Sie ist die Mutter der beiden jüngeren Söhne,
gemeinsam hatten sie, nach Angaben von Udo Voigt, das Krankenhaus besucht.
Die Heilpraktikerin war bis 2004 „Secretary“ in Riegers britischer Firma „Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd“.
„Ein Ehrenmann durch und durch“
Die geschasste frühere Berliner NPD-Funktionärin Gesine Hennrich
war mit Anhängern aus dem Umfeld der Kameradschaft „Spreelichter“ gekommen.
Ihre ehemaligen Kameradinnen vom „Ring Nationaler Frauen“ würdigten sie keines Blickes.
Zwei Busse aus Sachsen-Anhalt parkten vor dem Supermarkt, Neonazis aus der Altmark und anderen Regionen entstiegen.
Aufgeregt rannte Frank Rennicke herum, fotografierte Pressevertreter.
Beamte stellten sich vor Fotografen und Kameraleute.
Auch Anhänger des „Arbeitskreises der Russlanddeutschen in der NPD“ gedachten Riegers,
der sich als einer der ersten für eine Zusammenarbeit stark gemacht hatte.
Die „Nationalen Sozialisten Berlin“ entrollten ein doppeldeutiges Transparent
mit der Aufschrift „Wir gedenken dem Stellvertreter, einem echten Freund“, − die Nennung des Namens von Rudolf Heß war laut Auflagenkatalog untersagt.
Der Trauermarsch setzte sich am Nachmittag in Bewegung,
vorbei am Friedhof und dem lauten Protest in der Innenstadt von Wunsiedel.
Auf dem Weg durch Wohnstraßen war es gespenstig still.
Ängstlich und neugierig linsten viele Menschen hinter den Gardinen hervor.
Klassische Musik, darunter christliche Choräle,
die Rieger als fanatischem Christengegner vielleicht nicht gefallen hätten,
dröhnten aus den Lautsprechern des Zuges.
Wieder angekommen vor der Schule, moderierte Naumann Redebeiträge
und vorgetragene Heldengedichte.
Thomas Wulff, wohl der engste Rieger-Freund, stieg auf die Bühne, konnte aber nicht reden.
Er weinte offen.
Mit einem Schlag schien die Trauer angekommen.
Die Stimmung änderte sich, die vielen Gespräche am Rande verebbten.
Udo Voigt als nächster Redner versuchte, sich diesen Moment von Authenzität und natürlicher Trauer zunutze zu machen.
Er begrüßte Angehörige von Riegers Zweitfamilie,
die der Szene keineswegs ablehnend gegenüber stehen sollen.
Ganz ehemaliger Bundeswehrhauptmann
lobte der NPD-Chef seinen Stellvertreter
als „Ehrenmann, durch und durch“,
der jüngst einsehen musste,
dass die „neue große Rechte unter Einbeziehung der DVU“ zur Illusion geworden war.
Auch habe er nie von Rieger gehört,
„dass wir sofort seine Darlehen zurückzahlen sollten,
wenn jetzt nicht sofort umgesetzt würde“, was er wolle.
Die „unverwechselbare Sprache des Blutes“
Soldatisch stellte sich Ralph Tegethoff auf.
Die Arme auf dem Rücken, die Armeemütze auf dem Kopf brüllte der Neonazi aus Bad Honnef ins Mikrophon: „Wir hatten teilweise gleiche Interessensgebiete … Militärhistorie und Militärtechnik“, aber das Ziel, „die Weltanschauung, die uns einte, war immer nur Deutschland, das Deutsche Reich, die Weiterexistenz unseres Volkes und die Art unserer Menschen“.
Militärfreak Tegethoff setzte nach: „Ich weiß ... dass wir eines Tages die Früchte unseres Einsatzes und unseres Kampfes ernten werden und dann werden Namen von Männern wie Jürgen Rieger immer noch in aller Munde sein im Gedächtnis unseres Volkes.
Kein Mensch unserer Art wird aber dann mehr Namen von Landräten oder Bürgermeistern kennen, die sich hier meinen, auf Kosten eines großen Mannes zu profilieren“.
Danach folgte der Berliner Eckart Bräuniger, der sich bedankt, „im Namen einer ganzen Generation nachgewachsener Nationalisten“ auftreten zu können, und sich zackig verneigte.
Mit dem als neurechten Ideologen bezeichneten Pierre Krebs aus Frankreich betrat ein Mann die Bühne, der mit intellektueller Wortwahl und theatralischem Gestus die Anwesenden fast einzuschüchtern schien.
Rieger und er scheinen sich lange und gut gekannt zu haben.
Gemeinsam gründeten sie 1982 das „Thule-Seminar“.
Krebs spielte mit Anspielungen, sprach antichristliche, rassistische und russlandfreundliche gemeinsame Punkte an.
Für Riegers Einsatz, versprach Krebs, gewähre ihm „jetzt das Ahnenerbe unseres Volkes Einlass in die Walhalla und einen Ehrenplatz inmitten der Bereitschaft unbeugsamer Kämpfer für Identität und Freiheit, für Recht und Wahrheit“.
Denn der Tod, so Krebs, „tötet nicht, der Tod verschiebt nur“.
Voll Pathos wandte er sich an den Verstorbenen: „Dein Leben war Botschaft der einzigen Lehre, die einem Volk dazu verhilft, ewig zu werden.
Die Lehre des Ethnos, die einen einzigen Universalismus kennt, den Universalismus der universalen Verschiedenheiten“.
Des Redners Radikalitäten waren gut verpackt. Er sprach langsam, stark akzentuiert vom „titanischen Kampf zwischen Ethnosuizid und Ethnobewusstsein“, der aber beweise, „dass 100 bekennende Deutsche, (…) entscheidend viel mehr bewegen als 10 000 Mutlose, die stillschweigend kapitulieren“.
Für ihn (Krebs) sei Rieger Volkserwecker, Avantgardist und „Ideenzeuger“, Verfechter der „unverwechselbaren Sprache des Blutes“.
Wolfram Nahrath wird als letzter Führer der „Wiking-Jugend“ vorgestellt.
Der Berliner Rechtsextremist vertritt den „artverwandten Kreis der Rechtsanwälte“, erwähnte, dass er in der Kanzlei von Rieger sein Praktikum absolviert und mit ihm gegen die „Schmähungen unserer Nation und unserer Geschichte“ gekämpft habe.
Nahrath feierte die „Gemeinschaft der Treuen“ und die „kleine Schar der Rechtswahrer“, denen Hass, Ablehnung, feindlich gesinnte Menschen, „Gesindel“ und sogar „eine ausländische Todesschwadron“ entgegengestanden habe.
Nach artigen Lobliedern auf den guten Parteikameraden, radikalen Heiden, belesenen Wissenschaftler, todesmutigen Anwalt Rieger, soll mit „einem Mann des Gesanges“ abgeschlossen werden.
Zuständig dafür ist Frank Rennicke.
Der erinnerte an die schönen gemeinsamen Zeiten im „Heideheim-Objekt“ in der Lüneburger Heide, welches eine „korrupte Polit-Mafia gestohlen habe“.
Lobte die „kameradschaft-menschliche Art“ des Verstorbenen, forderte dann die Vorredner zum gemeinsamen Gesang auf die Bühne.
Frierend warteten Polizisten auf das Ende des Spuks. Es war kalt in Wunsiedel.
16.11.2009 Blick nach Rechts
„Gemeinschaft der Treuen“
Mit artigen Lobliedern huldigte die braune Szene dem verstorbenen Neonazi Jürgen Rieger −
der Gedenkmarsch fand nur wenige hundert Meter entfernt vom Grab des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß in Wunsiedel statt.
Die Gräben, die Jürgen Rieger in der eigenen politischen Szene zeitlebens umgaben, müssen tief gewesen sein.
Zum Trauermarsch am 14. November in Wunsiedel im Fichtelgebirge erschienen knapp 800 Anhänger seiner „Bewegung“.
Der Hamburger Multifunktionär, der Ende Oktober im Alter von 63 Jahren verstarb, war fast 40 Jahre lang aktiv.
Er verteidigte über Jahrzehnte hunderte von straffällig gewordenen Kameraden, lud Sippen ins heidnische Milieu,
hielt die Alten bei der Stange, sponserte Partei und Initiativen und radikalisierte die Freien Kräfte.
Auf der anderen Seite war der umtriebige braune Advokat als Spalter, Radikaler und Machtmensch verschrien.
Rücksichtslos und cholerisch sabotierte er Bemühungen gemäßigter Parteistrategen,
das radikale Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit durch Weichzeichner zu verwischen.
Gerade den NPD-Oberen um Udo Voigt gelang es an dem Samstag nicht,
dem verstorbenen Hanseaten bei allen Bemühungen ein wirklich herzliches Gedenken zu widmen.
Glaubwürdiger wirkten Gefährten aus dem Innercircle wie Wolfram Nahrath, Andreas Thierry oder der rechtsextreme Ideologe Pierre Krebs.
(…) Fränkische Neonazis um Matthias Fischer, Anhänger des Parteikontrahenten „Freies Netz“, errichteten einen Pavillon mit warmen Getränken.
Norman Bordin koordinierte gemeinsam mit Manfred Börm den Ordnungsdienst.
Börm bekam Schelte, weil er die Namen der Ordner alle einzeln durchs das Mikrophon verlesen hatte.
Die Riege führender NPD-Funktionäre erreichte den Platz,
Rieger-Kritiker wie Udo Pastörs, Holger Apfel oder Jürgen Gansel waren nicht darunter.
Neben Udo Voigt, Thorsten Heise, Thomas Wulff, Klaus Beier, Karl Richter,
Edda Schmidt, Hartmut Krien, Frank Schwerdt, Eckart Bräuniger, Andreas Thierry
und der einzigen weiblichen NPD-Landesvorsitzenden Dörthe Armstroff aus Rheinland-Pfalz
waren die beiden sächsischen Landtagsabgeordneten Arne Schimmer und Andreas Storr anwesend.
Kader aus verschiedenen Bundesländern wie Mario Mathes, Judith Rothe, Kathrin Köhler,
Ralf Ollert, Adolf Dammann, Andreas Biere, Willi Wiener,
Torben Klebe und Steffen Holthusen waren ebenso erschienen
wie der Ex-Bombenbastler und jetzige „Sicherheitsexperte“ Peter Naumann,
Wolfgang Juchem, Ralph Tegethoff, Michael Regener alias „Lunikoff“,
Gordon Reinholz, Ivonne Mädel, Hartmut Wostupatsch,
Christian Worch, Lorena Riewa oder der braune Barde Frank Rennicke.
Die „Ersthelfer“ um Aktivistin Nicole Becker aus Hessen sorgten sich um den Gesundheitszuständ der Teilnehmer,
unter denen auch einige ältere Herrschaften waren.
Voigt und Nahrath begrüßten die blonde Lebensgefährtin von Rieger aus Hamburg.
Sie ist die Mutter der beiden jüngeren Söhne, gemeinsam hatten sie, nach Angaben von Udo Voigt, das Krankenhaus besucht.
Die Heilpraktikerin war bis 2004 „Secretary“ in Riegers britischer Firma „Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd“.
via „Gemeinschaft der Treuen“ | Bnr.de – Blick nach Rechts.
siehe auch: Zunächst keine Zwischenfälle bei Neonazi-Demos in Bayern.
Bei zwei Aufmärschen von Rechtsextremisten in Bayern hat es am Samstagnachmittag zunächst keine größeren Zwischenfälle gegeben.
In Wunsiedel versammelten sich nach Polizeiangaben etwa 600 Neonazis
zu einem Gedenkmarsch für den kürzlich verstorbenen NPD-Funktionär Jürgen Rieger.