Helmut Höge zur "Volksinitiative gegen das Finanzkapital"
Aus InRuR
"Volksinitiative gegen das Finanzkapital"
TAZ 12.01.2009
Linke müssen Überstunden leisten
Pralles Wochenende: Antifas diskutieren über Gegenaktionen zum Nato-Jubiläum,
junge Kommunisten beleben den Rosa-Luxemburg-Kongress,
und auf einem Infoabend über eine "Volksfront"-Initiative werden Neonazis verprügelt
Der diesjährige Rosa-Luxemburg-Kongress wurde von jungen Genossen dominiert.
Neben verschiedenen KP-Sprechern hatte der Organisator, die Zeitung Junge Welt,
auch Vertreter von deren Jugendverbänden geladen. Sie stritten in der Urania über die Nato.
Darüber diskutierten auch die Antifas im Statthaus Böcklerpark,
während der Mitarbeiter von Neues Deutschland, Jürgen Elsässer,
in der Kneipe Max & Moritz mit einer neuen Initiative
die transatlantische Orientierung Deutschlands in eine eurasische wenden wollte.
Auf dem Rosa-Luxemburg-Kongress ging es um den "Internationalismus" und die Weltwirtschaftskrise,
die den Gazakrieg zu einem Weltkrieg ausweiten könnte.
Eine Sprecherin der US-KP meinte: "Der Gazastreifen ist das Warschauer Getto von heute!"
Der senegalesische KP-Chef Ahmat Dansokho
bezeichnete den Widerstand
gegen den "US-Imperialismus", etwa in Athen, als noch zu schwach:
"Wir müssen uns stärker verbünden."
Leider wäre das Antiimp-Netz zu heterogen;
dazu kämen die (stalinistischen) Fehlentwicklungen im Ostblock,
die den Antikommunismus stärkten.
"Wir müssen die Welt mit neuen Augen sehen!"
Dies war wohl auch die Meinung des Gründers der "Antideutschen", Jürgen Elsässer,
der nun für eine nationalbolschewistische Politik wirbt -
und zusammen mit einem Exbundeswehr- und einem Ex-NVA-Offizier
eine "Volksfront"-Ini gründete.
Sie will die Linke und Rechte mobilisieren, bis hin zu Teilen der bewaffneten Organe,
des Verfassungsschutzes, des deutschen Unternehmertums
und (antisemitischen) Verschwörungstheoretikern,
um "die Nöte der normalen Leute aufzugreifen".
Zwar gehe es dabei letztlich um "Klasse gegen Klasse",
aber erst einmal müsse der "Nationalstaat" gegen den "Yankee-Imperialismus" und die EU verteidigt werden.
"Die moderne deutsche Autoindustrie etwa hat es nicht verdient,
durch US-Heuschrecken ruiniert zu werden", so Elsässer am Samstag.
Er rät den deutschen Arbeitern zu Betriebsbesetzungen zusammen mit den ebenfalls gefährdeten Unternehmern.
Als "antideutsch" begreift er nun vor allem die Deutsche Bank.
Seine "Volksfront-Ini" will "raus dem linken Getto",
das "ökologisch völlig versaut"
und zudem in der Sprache der "Political Correctness"
("eine ,Neusprech'-Erfindung von US-,Thinktanks' ") erstarrt sei.
Um zu einem "richtigen Wir" zu werden,
mündet seine Ini demnächst in einen "auf keinen Fall marxistischen Kongress" -
und dann in eine "Volksfrontbewegung".
Diese soll keine Konkurrenz zu den Parteien,
schon gar nicht der Linkspartei sein, sondern ihr "Katalysator".
Man werde dazu auch Kontakte zu Agrargenossenschaften und Raiffeisenverbänden aufnehmen,
die NPD solle jedoch draußen bleiben.
Die rechtsextreme Partei und die neurechte Postille Junge Freiheit
hatten bereits unaufgefordert für Elsässers Veranstaltung geworben.
Und so saß denn auch ein gutes Dutzend Rechte, teilweise mit Bodyguards, im Max & Moritz.
Gegen Ende der Veranstaltung stürmte ein Gruppe Antifas in den Saal
und haute dem justiziell geprüften Holocaustleugner Gerd Walther aus Zossen
sowie einem Roadie der Duisburger Band "Diebandbreite"
Bierflaschen über den Kopf, sodass sie blutüberströmt zusammenbrachen.
Von weiteren Attacken konnte sie der Moderator des Abends, der Taxifahrer Stephan, mit gezielten Stuhlwürfen abhalten.
Der Staatsschutz ermittelt.
HELMUT HÖGE
Jürgen Elsässer
Gegendarstellung zum Artikel von Helmut Höge Linke müssen Überstunden leisten
54.
19.01.2010, 18:01 Uhr von Helmut Höge
Kreuzberg S.O. 36 (nosing around)
Geschichte der O.
“Sie werden an diesen Tag noch lange zurückdenken!” (J. Elsässer)
Drei Tage nach Vorstellung seiner “Volksfront-Initiative”
in der altehrwürdigen Kreuzberger Politkneipe “Max & Moritz”,
benannt nach zwei uralten Karpfen im nahen Engelbecken,
kündigte die Linkspartei-Tageszeitung Neues Deutschland,
benannt nach der einst von August Kotzebue in Moskau gegründeten Exilzeitung,
den Autorenvertrag mit Jürgen Elsässer.
Nicht, weil ihr die Moskauer Komintern-Politik der Bildung von Volksfronten inzwischen suspekt ist.
Sondern weil sie Elsässers “rechte Terminologie”
nicht im Blatt haben und nicht Plattform für seine “Politikpläne” sein will.
Für mich klangen die Reden im “Max & Moritz” (halbwegs kluge ökonomische Analysen
verbunden mit an Antisemitismus grenzende Verschwörungstheorien),
die in eine kurze, aber heftige Saalschlacht gipfelten
(meiner ersten im neuen Jahr),
wie reiner “Nationalbolschewismus” –
die russische Natbol-Partei von Eduard Limonow
wurde im Übrigen kürzlich verboten.
Einer der hiesigen Initiatoren, der Exbundeswehroffizier Jochen Schulz,
sagte, er sei Mitglied der Linkspartei.
Und sein Kollege, der Ex-NVA-Offizier Peter Feist,
verwendete gern Formeln der LaRouche-Sekte.
Dann saßen noch der Naziaktivist Sascha Kari mit Bodyguard
und der Nationalanarchist Peter Töpfer im Publikum
sowie der Geschäftsführer des ehemaligen DKP-Verlags Pahl-Rugenstein,
der sich konstruktiv zu Wort meldete.
Und in der Tat waren das dann auch ganz neue Töne,
wenigstens in Kreuzberg – im Osten
sind solche ausländerfeindlichen “Volks”-Begriffe
wie “Heuschrecken” gang und gäbe, auch in der einstigen PDS,
so dass ich nach Elsässers Elogen
auf Oskar Lafontaine schon dachte,
seine Volksfront-Ini wäre ein U-Boot der Partei,
um die Spießermassen im Osten nicht abzustoßen,
aber dennoch Die Linke davon zu erleichtern.
In einem Leserbrief zu meinem taz-Artikel vom 12. Januar schrieb Elsässer:
Er werbe nicht für eine nationalbolschewistische Politik,
sondern “für die Wiederaufnahme einer Volksfrontpolitik,
die Kommunisten, Sozialdemokraten und Bürgerliche
in den 30er-Jahren in verschiedenen Ländern ,gegen Faschismus und Krieg’ betrieben haben.”
Ich füge hinzu: Bereits 1848 hatten Marx und Engels sich dafür ausgesprochen,
dass das Proletariat seine Ausbeuter dabei unterstütze,
die bürgerlichen Rechte und Freiheiten durchzusetzen.
1944 gründete sich im KZ-Buchenwald ein “Volksfrontkomitee”,
vorher war in Chile bereits die “Frente Popular” entstanden.
Und nun sprach Elsässer davon,
dass die Arbeiter ihre Betriebe zusammen mit den Unternehmern besetzen sollten –
um mögliche US-Heuschrecken abzuwehren.
Inzwischen sei die gesamte USA eine einzige “Heuschrecke” (mit höchstens noch Kriegsproduktion).
Auf dem Rosa-Luxemburg-Kongress am selben Tag äußerte eine US-Rednerin:
“Der Gazastreifen ist das Warschauer Ghetto von heute!”
Und im “Max & Moritz” meinte einer der drei Redner:
“Was die Israelis da jetzt machen, ist ein Völkermord”.
Das klingt nicht nur für Antideutsche antisemitisch.
Dazu passt, dass Elsässer seine Aufsätze in der Verschwörer-Zeitschrift Hintergrund veröffentlicht
und seine Bücher im Verschwörungsverlag “Kai Homilius”,
der in der Rechtspostille Jungen Freiheit warb
und einen ihrer Mitarbeiter zu seinen Autoren zählt.
Hier also wieder eine Verbindung zwischen Nationalismus und Bolschewismus.
Man kann dieses Lavieren zwischen postfaschistischer und poststalinistischer Partei aber auch “Volksfront” nennen.
Ich kenne Elsässer nur über gemeinsames Rauchen auf der Junge-Welt-Terrasse.
Neu war für mich, zu hören,
dass er es zuletzt mit seiner Pro-Milosevic-Ini zu einem wahren Helden unter den Großserben gebracht hat
und dass er früher mal Maoist war.
Dieser Werdegang ähnelt dem von Milosevic selbst.
Einige Zuhörer meinten, er würde dem von Bernd Rabehl und Horst Mahler ähneln.
Dafür spricht, dass Elsässer die linke Scene
zum Teil für sektiererisch hält und meint:
“Aus diesem Laden muss man aussteigen,
wenn man was werden will!”
Er will also noch was werden:
ein Held auch in Deutschland wahrscheinlich.
Aber warum sollen ausgerechnet “die normalen Leute”
(seine “Zielgruppe”) dafür ihre “Nöte” ins Feld führen?
P.S.: Der Duisburger Hiphop-Rapper Marcel Wojnarowicz
tritt mit seiner Band “Die Bandbreite” neuerdings gerne zusammen mit dem Nationalbolschewisten Jürgen Elsässer auf.
Weil ich in einer Kolumne geschrieben hatte,
die Band sei für ihre antisemitischen Texte bekannt,
wurde ich von Wojna verklagt.
Vor dem Berliner Landgericht machte er jetzt geltend,
wegen dieser Unterstellung würden ihn einige Gewerkschafts- und SPD-Jugendorganisationen nicht mehr “buchen”.
Nach dreistündiger Debatte über Antisemitismus im Allgemeinen
und die Songtexte von Wojna stellte das Gericht das Verfahren ein.
Ich entschuldigte mich anschließend bei Wojna dafür,
dass sich das von mir verwendete Adjektiv derart geschäftsschädigend für ihn auswirkte.
Schon am nächsten Tag hieß es in einer “Presseerklärung” von ihm,
die Jürgen Elsässer in seinem blog veröffentlichte:
“Erfolg vor Gericht gegen taz”, u.a. weil ich zugegeben hätte,
“schlecht recherchiert zu haben”.
Was gibt es bei Songtexten zu recherchieren?
Und überhaupt war der “Erfolg vor Gericht” wenn überhaupt,
dann ganz auf meiner Seite,
denn man hätte mich ja auch wegen Überinterpretation seiner Lieder verurteilen können,
so aber kam ich kostenfrei davon.
Ich mußte jedoch dem taz-Anwalt recht geben,
dass ich mich nicht hätte entschuldigen sollen,
zumal der Duisburger Rapper mich schon im Frühjahr
der taz gegenüber verschwörungsmäßig angeschwärzt hatte:
“Helmut Höge war nach eigenen Angaben Dolmetscher auf einer US-Airbase.
Hier stellt sich die Frage,
ob die TAZ mit ihrer politischen Gesinnung sich nicht ein Kuckucksei ins Nest gelegt hat.”
Was für ein Rap-Schlingel, dieser Wojna.
26.01.2010 AUF DER ROSA-LUXEMBURG-KONFERENZ
Wasser auf die Mühlen
Die diesjährige Rosa-Luxemburg-Konferenz stand ganz im Zeichen des "Wassers" -
natürlich nur für mich, nicht für die Veranstalter, denen es wie immer um den Sozialismus und die Zusammenführung seiner Kräfte ging.
Ich war noch ganz in Gedanken bei meiner Lektüre einiger Bücher von Bruno Latour
über die Notwendigkeit einer neuen "politischen Ökologie" mit Hilfe seiner "Akteur-Netzwerk-Theorie".
Diese ANT scheint mir besonders für Bürgerinitiativen interessant zu sein.
Deswegen waren mir alle parteikommunistischen Überlegungen erst mal entrückt -
auch wenn die linke Bundestagsabgeordnete Sabine Leidig
in der Abschlussdiskussion über den Anteil des Selbst an der Organisationsfrage genau genommen ins Horn der ANT stieß,
als sie sich für einen "ökologisch sozialen Umbau" aussprach und eine "Transformationsperspektive für die Industriearbeit" forderte.
Einer der Kongressredner, der kanadische Wirtschaftswissenschaftler und Attac-Berater Michel Chossudovsky,
meinte dagegen: "Die Wirklichkeit ist [bereits] auf den Kopf gestellt."
Indem nämlich der von den USA angeführte "Weltkrieg gegen den Terrorismus" nur ein Vorwand sei,
um an die Ölreserven heranzukommen,
die sich zu 75 Prozent in islamischen Ländern befinden.
In diesem Zusammenhang nannte er al-Qaida eine "große Lüge" (des CIA).
So hatte zuvor auch schon der US-Journalist Neil Sheehan sein großartiges Buch über den "Vietnamkrieg" genannt.
Chossudovsky erwies sich damit überraschend als ein Anhänger der Nine-Eleven-Verschwörungstheorie,
an der hierzulande auch der taz-Blogwart Mathias Bröckers, der Filmautor Gerhard Wisnewski
und der ehemalige Minister für Forschung und Technologie Andreas von Bülow arbeiten.
Zu ihrer Popularisierern zählt ferner der Duisburger Rapper Marcel "Wojna" Wojnarowicz mit seiner Band "Die Bandbreite",
der neuerdings gerne mit dem Nationalbolschewisten Jürgen Elsässer auftritt,
dessen deutsche Volksinitiative jedoch eher von einer US-"Heuschrecken"-Verschwörung ausgeht.
Am Abend des Rosa-Luxemburg-Kongresses 2009 - also vor genau einem Jahr -
stellte Elsässer seine diesbezüglichen Überlegungen in der Kreuzberger Kneipe "Max & Moritz" vor.
Dabei kam es zu einer Schlägerei mit einer Gruppe von Antifas, bei der ein Freund des Rappers Wojna verletzt wurde.
In einem taz-Text darüber schrieb ich anderntags, dass die Band "Die Bandbreite" für ihre antisemitischen Texte bekannt sei.
Daraufhin wurde ich von Wojna verklagt.
Vor dem Berliner Landgericht machte er jetzt geltend,
wegen dieser Unterstellung würden ihn einige Gewerkschafts- und SPD-Jugendorganisationen nicht mehr "buchen".
Nach dreistündiger Debatte über Antisemitismus im Allgemeinen und die Songtexte von Wojna stellte das Gericht das Verfahren ein.
Ich entschuldigte mich bei ihm dafür, dass sich das verwendete Adjektiv derart geschäftsschädigend für ihn auswirkte.
Schon am nächsten Tag hieß es in einer Presseerklärung von ihm,
die Elsässer in seinem Blog veröffentlichte: "Erfolg vor Gericht gegen taz" -
weil ich zugegeben hätte, "schlecht recherchiert zu haben".
Was gibt es bei Songtexten zu recherchieren?
Und überhaupt war der "Erfolg vor Gericht" - wenn überhaupt -
ganz auf meiner Seite, denn man hätte mich ja auch wegen Überinterpretation seiner Lieder verurteilen können, so aber kam ich kostenfrei davon.
Ich musste jedoch dem taz-Anwalt recht geben, dass ich mich nicht hätte entschuldigen sollen,
zumal der Duisburger Rapper mich schon zuvor verschwörungsmäßig angeschwärzt hatte:
"Helmut Höge war nach eigenen Angaben Dolmetscher auf einer US-Airbase.
Hier stellt sich die Frage, ob die taz mit ihrer politischen Gesinnung sich nicht ein Kuckucksei ins Nest gelegt hat."
Man kann sich denken, dass mir nach diesem ganzen (Geheim-)Politik-Gequalle eher daran gelegen war,
die Ökologie zu politisieren, als sie - wie die Grünen und die Linke - zur Dienerin der Politik herabzuwürdigen.
Deswegen interessierte mich an den Ständen auf dem Kongress 2010 vor allem Unpolitisches: "Wasser".
Immerhin war eines der Bücher vom "Wasserkolloquium" der Rosa-Luxemburg-Stiftung herausgegeben worden,
nachdem die Abgeordnete Sahra Wagenknecht ein Gutachten zur Vergenossenschaftung der Berliner Wasserbetriebe veröffentlicht hatte
und das Buch "Der Kampf um das blaue Gold" der Biologin Vandana Shiva
über die "Ursachen und Folgen der Wasserverknappung" auf Deutsch erschienen war.
NORMALZEIT
VON HELMUT HÖGE
Im Einsatz für die politische Ökologie